Berlin. Der US-Präsident empfängt Israels Premier Netanjahu als ersten ausländischen Regierungschef. Dabei geht es auch um Irans Atomprogramm.
Für Israels Premier Benjamin Netanjahu ist es ein diplomatisches Fest: An diesem Dienstag wird er als erster ausländischer Regierungschef von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen. Netanjahu sieht gute Chancen für seine Maximalforderungen. Dazu gehören die Freilassung aller Geiseln in der zweiten Phase der Waffenruhe zwischen Israel und der Hamas sowie die „Auslöschung“ der islamistischen Gruppierung. Ebenfalls im Visier hat er eine weitere Schwächung des iranischen Mullah-Regimes – insbesondere mit der Option eines Schlags gegen dessen Atomprogramm.
Trump ist gegenüber den Zielen seines Gastes durchaus aufgeschlossen. Mit seinem Vorstoß, den Gazastreifen zu räumen und die palästinensische Bevölkerung nach Jordanien und Ägypten umzusiedeln, hat er Netanjahus rechtsextreme Koalitionspartner in Entzücken versetzt. Doch der Amerikaner hat Größeres im Sinn. Er bastelt an einem strategischen Abkommen, das den Nahen Osten umkrempeln soll: die Aussöhnung zwischen Israel und Saudi-Arabien.
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Es wäre ein XXL-Deal so richtig nach Trumps Geschmack: Die USA liefern Kernkraftwerke und Waffen an den Wüstenstaat, dem sie zudem militärischen Schutz gewähren. Gleichzeitig investiert das öl- und gasreiche Land 600 Milliarden Dollar in den Vereinigten Staaten. Erwünschter Nebeneffekt: Wie Israel schaut auch Saudi-Arabien mit großem Misstrauen auf die regionalpolitischen Ambitionen des Irans, einschließlich dessen Nuklearprogramm.
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Iran stellt neue Waffen vor
In Teheran macht sich Nervosität breit. „Seien Sie vorsichtig, machen Sie keine strategischen Fehler und Fehlkalkulationen“, drohte Hussein Salami, Oberbefehlshaber der mächtigen Revolutionsgarden. Der Iran sei bereit für „große und langwierige Schlachten gegen den Feind und seine Verbündeten in der Region“. Die Adressaten dieser scharfen Rhetorik sind die Erzgegner der Islamischen Republik: Amerika und Israel.
Am Sonntag stellte der Iran die neue Mittelstreckenrakete „Etemad“ vor, die eine Reichweite von 1700 Kilometern haben soll und damit alle Ziele in Israel erreichen könnte. Einen Tag zuvor hatte das Regime bereits den neuen Marschflugkörper Ghadr-380 mit einer Reichweite von mehr als 1000 Kilometern präsentiert.

Die martialische Inszenierung geht einher mit einer Reihe militärischer Übungen im ganzen Land. Beteiligt sind sowohl die Armee als auch die Revolutionsgarden, die Schutztruppe des Regimes. Die Manöver erstrecken sich auch auf Nuklearstätten sowie die Straße von Hormus – jene Meerenge, durch die rund ein Drittel des weltweiten Ölhandels fließt.
Iran: Die Kampfkraft ist erheblich geschrumpft
Das Ziel des bis Mitte März andauernden Einsatzes ist klar: Der Iran will angesichts der zweiten Amtszeit von Trump Macht demonstrieren. Dieser hatte 2018 das internationale Atomabkommen gekündigt und unter dem Schlachtruf des „maximalen Drucks“ harsche Sanktionen gegen das Mullah-Regime verhängt.
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Doch die militärischen Muskelspiele des Irans können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Kampfkraft des Landes erheblich geschrumpft ist. Die Israelis haben es in ihrer Vergeltungsaktion im Oktober geschafft, die besten Flugabwehrsysteme der Iraner – die russischen S-300 – auszuschalten. Darüber hinaus ist es ihnen gelungen, mehrere Raketenfabriken für längere Zeit außer Betrieb zu setzen. Hinzu kommt, dass das Arsenal von Verbündeten wie der Hisbollah im Libanon oder der Hamas im Gazastreifen fast vollständig pulverisiert wurde und der syrische Diktator Baschar al-Assad als unverzichtbarer Allianzpartner wegbrach.
Angriff auf die Nuklearanlagen der Mullahs ist für Netanjahu eine Option
„Die Doktrin der Iraner greift nicht mehr: Zum einen ist die eigene Luftabwehr stark geschwächt. Zum anderen gelingt es dem Iran auch mit massiven Raketen- und Drohnenangriffen nicht, Israel ernsthaft außer Gefecht zu setzen. Und drittens steht das einst massive Raketenarsenal der Hisbollah nicht mehr als Abschreckung zur Verfügung“, sagte der Militärexperte Fabian Hinz vom Berliner Büro des International Institute for Strategic Studies (IISS) unserer Redaktion. „Die Frage stellt sich daher: Was hält Israel dann noch von weiteren Attacken auf den Iran ab? Das lässt den Iran äußerst verwundbar zurück.“
Israels Premierminister Netanjahu hat sein Land darauf eingeschworen, eine iranische Atombombe zu verhindern – koste es, was es wolle. Ein Angriff auf die Nuklearanlagen des Mullah-Regimes ist für ihn eine Option, zumal ihm Trump mit seiner dezidiert pro-israelischen Haltung keine Steine in den Weg legen dürfte.
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Herstellung eines nuklearen Sprengkopfs würde Monate oder Jahre
Die Frage, die westliche Sicherheitskreise vor allem beschäftigt: Wird der Iran angesichts der zunehmenden Bedrohungen sein Heil in der Atombombe suchen? Bislang handelte der oberste Führer Chamenei nach dem Motto: „Wir entwickeln die Infrastruktur, die wir für den Bau der Atombombe brauchen, ohne die Bombe selber zu bauen.“
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Das Land besitzt vermutlich mehr als 100 Kilogramm Uran, das zu 60 Prozent angereichert ist. Der Schritt zu den kernwaffenfähigen 90 Prozent wäre laut US-Außenminister Antony Blinken rein technisch in „ein bis zwei Wochen“ möglich. Das würde zumindest für einen Atomtest reichen, der eine große politische und psychologische Wirkung hätte. Die Herstellung eines nuklearen Sprengkopfs würde allerdings noch Monate oder wenige Jahre dauern. Es wäre ein extrem riskantes Unterfangen. Nach Einschätzung von Hinz haben die USA und Israel ein sehr gutes Aufklärungsbild über die Lage im Land. „Wollte der Iran tatsächlich eine Atombombe bauen, wäre die Gefahr einer massiven Attacke auf sein Nuklearprogramm sehr hoch.“