Düsseldorf. Gut gemeint, aber nicht gut gemacht: Die Stadtbücherei Münster schießt bei ihren Warnungen vor zwei Büchern übers Ziel hinaus.

Die Stadtbücherei Münster versieht das Buch eines „Putinverstehers“ und das eines „Verschwörungstheoretikers“ mit Warnungen. Auf den ersten Blick ist es nachzuvollziehen, dass die Einrichtung auf Besucher-Beschwerden über dieses problematische Leseangebot reagiert und zu Vorsicht rät.   

Aber so einfach ist das nicht: Wenn ein Buch die Menschenwürde und damit Artikel 1 des Grundgesetzes verletzt, darf es in einer Bibliothek keinen Platz haben. Schwieriger ist es, wenn die Lektüre von einem Teil der Leserschaft als schräg, krude oder gar politisch riskant empfunden wird, ohne diskriminierend zu sein. Wo fängt Zensur an? Wo hört sie auf? Und vor allem: Wer entscheidet darüber, wovor gewarnt werden soll?  Eine offene, pluralistische, demokratische Gesellschaft muss diese Fragen ohne Warntafeln ausdiskutieren, sonst ist sie keine mehr.

Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut

Der Streit um die „Einordnungshinweise“ in Münster zweigt zweierlei: Erstens, wie empfindlich diese Gesellschaft inzwischen auf „seltsam“ anmutende Meinungen und Botschaften reagiert, obwohl die freie Meinung zu den Wesenskernen dieser Republik zählt. Im Prinzip darf Jeder alles sagen und schreiben, auch wenn es noch so absurd erscheint. Die Grenze ist bei Hass- und Hetzbotschaften erreicht, die zum Beispiel die Social-Media-Giftspritze „X“ von Elon Musk fluten.

Zweitens weckt die Diskussion Sehnsucht nach Gelassenheit und nach einer inneren Haltung, die nicht in jedem, der die eigene Vernunft nicht teilt, einen gefährlichen Gegner erkennt. Auch wenn es nicht so aussieht: Mündige Bürgerinnen und Bürger benötigen keine Hilfestellung, um schlechte Bücher zu erkennen.