Düsseldorf. Lange wurde gestritten, jetzt hat der Bund die Grundgesetzänderung zur kommunalen Altschuldenlösung vorgelegt. Eine Frage bleibt offen.

Knapp sechs Wochen vor der Bundestagswahl hat die rot-grüne Minderheitsregierung im Bund eine Grundgesetzänderung zur Linderung des kommunalen Altschuldenproblems auf den Weg gebracht.

Der Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums, der unserer Redaktion vorliegt, sieht die Schaffung einer einmaligen Ausnahmeregelung vor. Dadurch soll der Bund grundgesetzkonform in die Lage versetzt werden, maximal die Hälfte der auf rund 31 Milliarden Euro bezifferten Liquiditätskredite der Städte und Gemeinden in Deutschland zu übernehmen.

„Angesichts der Größenordnung der übermäßigen Verschuldung der Kommunen und der Bedeutung der Entlastung für das politische Ziel gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet soll der Bund einen Beitrag zur Entschuldung der betroffenen Kommunen leisten, um den zeitnahen Neustart zu ermöglichen“, heißt es in dem Gesetz. Mit Schaffung eines neuen Paragrafen 143 h soll dem Bund eine verfassungsrechtliche Kompetenz gegeben werden für die Übernahme von Schulden der Länder, zu denen die Kommunen gehören.

SPD-Landesparteichef Achim Post sprach bei der vorgelegten Altschuldenhilfe von einem möglichen „historischen Wendepunkt“.
SPD-Landesparteichef Achim Post sprach bei der vorgelegten Altschuldenhilfe von einem möglichen „historischen Wendepunkt“. © dpa | Roberto Pfeil

Länder, die Altschuldenhilfen des Bundes in Anspruch nehmen wollen, müssen diese ergänzen und Vorsorge treffen, „um den erneuten Aufbau übermäßiger kommunaler Liquiditätskredite zu verhindern“.

Altschuldenhilfe: SPD-Landeschef Post spricht von „historischem Wendepunkt“

Der nordrhein-westfälische SPD-Landesvorsitzende Achim Post lobte gegenüber unserer Redaktion die Gesetzesinitiative auf den letzten Metern der Legislaturperiode: „Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung für eine kommunale Altschuldenlösung kann ein historischer Wendepunkt in der Geschichte vieler überschuldeter Städte und Gemeinden werden.“ Anstatt jährlich Millionensummen für die Tilgung bestehender Kredite aufzubringen, könnten hochverschuldete Kommunen endlich den finanziellen Spielraum erhalten, um in Schulen, Kitas, Straßen und Sportanlagen zu investieren, so Post weiter.

Für eine Grundgesetzänderung braucht die rot-grüne Minderheitsregierung im Bundestag und im Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit und somit die Zustimmung der Union. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte noch vor Wochen die Ankündigung eines entsprechenden Vorstoßes durch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) als „Trickserei“ mit Blick auf den Wahltermin abgetan. NRW habe seinen Teil der Altschuldenhilfe – 7,5 Milliarden Euro über die nächsten 30 Jahre – fest im Landeshaushalt eingeplant. „Der Bund hat sein Wort bei der zugesagten Beteiligung dagegen gebrochen. In der Finanzplanung der Regierung Scholz spielten die Altschulden nie eine Rolle“, so Wüst damals.

In der Union bislang keine Mehrheit für Altschuldenhilfe des Bundes in Sicht

SPD-Landeschef Achim Post appellierte am Montag an die Union, das Angebot der Bundesregierung doch noch anzunehmen: „Das Ermöglichen eines historischen Neustarts für überschuldete Städte und Gemeinden genießt im Ziel einen breiten parteiübergreifenden Konsens unter den demokratischen Parteien in Nordrhein-Westfalen. Es wäre fahrlässig und ein historischer Fehler, wenn durch die anstehende Bundestagswahl der Gesetzesentwurf parteipolitisch instrumentalisiert würde.“

Da nur in wenigen Bundesländern die Kommunen eine erhebliche Altschuldenlast tragen und NRW überproportional von Bundeshilfen profitieren würde, ist eine Zustimmung in der Union bislang nicht in Sicht. Post will nun Wüst gewinnen, parteiintern für die Grundgesetzänderung zu werben: „Der Ball liegt nun aber auch beim nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten, diese historische Zeitenwende für kommunale Haushalte mitzugestalten.“