Düsseldorf. Jünger und brutaler: Das neue Lagebild zur Jugendkriminalität in NRW gibt Anlass zur Sorge. Eine Gruppe sticht besonders heraus.

Die Jugendkriminalität in Nordrhein-Westfalen ist wieder auf dem Vormarsch. Das zeigt ein noch unveröffentlichtes Lagebild des Düsseldorfer Landeskriminalamtes (LKA) für das Berichtsjahr 2023, das unserer Redaktion vorab vorlag.

Die Zahl der aufgeklärten Straftaten, die von Tatverdächtigen unter 21 Jahren begangen wurden, ist demnach im Jahr 2023 auf knapp 155.000 angestiegen. Im Jahr zuvor waren es noch gut 140.000 aufgeklärte Fälle. Im Zehnjahresvergleich zeigt sich allerdings, dass 2014 und 2015 mit über 159.000 Fällen die Lage in NRW schon einmal schlimmer war.

Die Gesamtzahl der Tatverdächtigen unter 21 Jahren ist jedoch um 5,3 Prozent auf rund 108.000 gestiegen. Hier zeigt sich auch im Zehnjahresvergleich ein Anstieg um knapp zwei Prozent. Mehr als 32 Prozent der Tatverdächtigen hatten keinen deutschen Pass. Hier ist ein starker Anstieg von mehr als 18 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen.

Täterklientel unter 14 macht bereits 20 Prozent der Jugendkriminalität in NRW aus

„Die Zahlen sorgen mich. Dass immer mehr junge Menschen auf die schiefe Bahn geraten, müssen wir sehr ernst nehmen“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU). Es sei wichtig, kriminelle Karrieren zu beenden, bevor sie Fahrt aufnehmen.

Am stärksten zugelegt hat die Täterklientel unter 14 Jahren (plus 7,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr) und macht bereits mehr als 20 Prozent der gesamten Jugendkriminalität in NRW aus.

Reul: Befugnisse für Sicherheitsbehörden schnell ausdehnen
NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) zeigt sich besorgt, dass immer mehr junge Menschen auf die schiefe Bahn geraten. © DPA Images | Christoph Reichwein

„Wenn wir ehrlich sind, ist die gestiegene Jugendkriminalität auch ein Spiegel unserer Gesellschaft. Das ist nicht nur ein Problem der Jugend, sondern ein Weckruf an uns alle“, sagte Reul.

Diebstahl ist das häufigste Delikt unter jungen Leuten

Zwar ist Diebstahl mit allein gut 35.000 Fällen das häufigste Delikt der Jugendkriminalität in NRW geblieben, jedoch verzeichnet das LKA beim Raub (gut 4300 Fälle) mit mehr als 25 Prozent die stärksten Zuwächse. Auch die Zahl der Körperverletzungen (27.000 Fälle, plus 7,1 Prozent) nimmt auf hohem Niveau weiter zu.

Reul warnt bereits seit zwei Jahren vor besorgniserregenden Tendenzen in der Kinder- und Jugendkriminalität. Es sei für eine Gesellschaft beunruhigend, wenn inzwischen mehr als jeder fünfte Tatverdächtige jünger als 21 Jahren ist. „Die Pandemie hat unserer Kinder verändert. Die Konfliktlösungskompetenzen sind abhandengekommen“, mutmaßte Reul bereits 2023.

Das erfolgreichste Präventionsprogramm gegen Jugendkriminalität, mit dem NRW gegensteuert, geht noch auf die rot-grüne Vor-Vorgängerregierung zurück. Seit 2011 wurden im Intensivtäterprogramm „Kurve kriegen“ mehr als 1200 Kinder vom schiefen Weg abgebracht, die bereits mit 13 Jahren auffällig geworden waren. Die Rückfallquote lag Ministeriumsangaben zufolge bei unter zwei Prozent. Kinder unter 14 Jahren sind nicht strafmündig, egal welchen Straftatbestand sie formal erfüllt haben. Reul hatte sich immer wieder offen gezeigt für eine Debatte über die Absenkung des Strafmündigkeitsalters.