Karlsruhe/Düsseldorf. Die Freundin eines Rechtsextremen wird bei seiner Observation auch fotografiert. Die Frau zog deshalb vor Gericht und bekommt jetzt Recht.
Teile des NRW-Polizeigesetzes sind nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Das hat das Bundesverfassungsgericht in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss entschieden. Das Land muss bis zum 31. Dezember 2025 für eine Neuregelung sorgen. Bis dahin dürfen die Polizeibehörden die Maßnahmen nur bei einer konkreten Gefahr einsetzen. (Az. 1 BvL 3/22)
Dabei geht es um längerfristige Observationen und damit verbundene Bildaufnahmen und Aufzeichnungen.
NRW-Polizeigesetz: Partnerin von Observiertem zog vor Gericht
Konkret ging es in dem Fall um die Klage einer Frau, bei der im Jahr 2015 ein aus dem Gefängnis entlassener Häftling eingezogen war, der als rechtsextremer Gefährder eingestuft war. Um ein etwaiges Abtauchen des unter anderem wegen Totschlags verurteilten Manns in den Untergrund zu verhindern, ordneten die Polizeibehörden die heimliche Langfristobservation unter Einsatz technischer Mittel für zunächst einen Monat an. Dabei wurde auch die Frau fotografiert.
Später klagte sie deshalb gegen die Polizei. Das nordrhein-westfälische Oberverwaltungsgericht in Münster gab ihr Ende 2019 zum Teil Recht, erklärte den Eingriff in ihr sogenanntes informationelles Selbstbestimmungsrecht aber generell für gerechtfertigt. Dagegen wiederum wandte sich die Frau in einem Revisionsverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Dieses setzte das Verfahren im Mai 2022 aus und legte die Sache zwecks Rechtsauslegung dem Bundesverfassungsgericht vor.
Bundesverfassungsgericht: Schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht
Nach Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts ist eine präventive längerfristige Observation mit Bildaufnahmen unbeteiligter Dritter ein schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Klägerin. Die Maßnahmen greifen laut Karlsruhe tief in die Privatsphäre ein und sind in der durchgeführten Form nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.
Laut Karlsruhe verlangt die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Datenerhebung durch die heimliche Observation entweder eine konkrete oder zumindest eine konkretisierte Gefahr. Die jetzt per Klage angegriffenen Regelungen gehen nur von der Annahme aus, dass die zu beobachtenden Personen bestimmte Straftaten „begehen wollen“. So entscheide die Polizei ohne nähere gesetzliche Vorgabe über die Grenzen der Freiheit der Bürger. Es sei aber die Aufgabe des Gesetzgebers, eingriffsbeschränkende Maßstäbe zu schaffen. Das Land könne hier nachbessern, schreiben die Verfassungshüter.
(dpa/afp)