Berlin. Eine Wirtschaftsweise legt die Unzulänglichkeiten der Kinderbetreuung offen. Ein Überblick, wie schlimm es wirklich ist.
„Nicht zuverlässig“, Kitas, die „zu viele Wochen im Jahr schließen“ und ein System, das darauf beruhe, „dass man Großeltern miteinbezieht oder sich privat, wenn man es sich leisten kann, Babysitter organisiert“ – die Chefin der Wirtschaftweisen, Monika Schnitzer, geht mit dem staatlichen Betreuungsangebot in Deutschland hart ins Gericht.
Tatsächlich ist die Lage in vielen Kitas in Deutschland angespannt. Fachkräftemangel, ein unzureichendes Angebot an Betreuungsplätzen, sinkende Betreuungsqualität und unzureichende Gehälter werden häufig als drängendste Probleme benannt.
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Fachkräftemangel und hohe Teilzeitquote
Das zentrale Problem vieler Kitas ist der Fachkräftemangel. Laut dem Kitabericht 2024 des Paritätischen Gesamtverbandes fehlen über 125.000 Fachkräfte im gesamten Bereich der Kindertagesbetreuung. Eine Erhebung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass der Personalmangel in Kitas dazu führt, dass immer häufiger unqualifizierte Kräfte oder Vertretungen eingesetzt werden, was die Qualität der Betreuung beeinträchtigt.
Zudem belegt der DGB-Personalreport die hohe Teilzeitquote im Kita-Bereich: Fast 70 Prozent der Erzieher arbeiten in Teilzeit, was auf die schlechten Arbeitsbedingungen und die geringe Entlohnung zurückzuführen ist. Viele Fachkräfte entscheiden sich aufgrund der körperlichen und emotionalen Belastung sowie der geringen Bezahlung für Teilzeitstellen.
Dramatischer Mangel an Betreuungsplätzen
Trotz Fortschritte in den zurückliegenden Jahren herrscht in vielen Regionen nach wie vor ein erheblicher Mangel an Kita-Plätzen. Für Kinder unter drei Jahren fehlen einer Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) zufolge in diesem Jahr rund 306.000 Kita-Plätze. In Ballungsräumen wie Berlin, München oder Hamburg müssen Eltern mit langen Wartezeiten rechnen, um einen Betreuungsplatz zu ergattern.
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Der Mangel an Kita-Plätzen führt nicht nur zu einer hohen Belastung für Eltern, sondern auch zu einer geringen Erwerbsbeteiligung von Frauen, da viele Mütter aufgrund fehlender Plätze gezwungen sind, ihre berufliche Tätigkeit zu reduzieren oder ganz aufzugeben.
Weniger Personal, geringere Qualität
Die Qualität der Betreuung leidet unter dem Personalmangel. Laut Bertelsmann Stiftung ist eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft in Westdeutschland rechnerisch für 3,4 Kinder in Krippengruppen und für 7,7 Kinder in Kindergartengruppen verantwortlich. Im Osten kommen 5,4 beziehungsweise 10,5 Kinder auf eine Fachkraft. Empfehlungen der Stiftung zufolge müssten die Personalschlüssel bei 1 zu 3 sowie bei 1 zu 7,5 liegen. „Gemessen daran, werden fast 90 Prozent der Kita-Kinder in Ostdeutschland in Gruppen betreut, deren Personalschlüssel nicht kindgerecht sind. Allerdings sind es auch im Westen noch rund 62 Prozent“, hieß es in der Studie. Das IW Köln warnt, dass die kontinuierliche Verschlechterung des Betreuungsverhältnisses langfristig die Bildungschancen von Kindern gefährdet.
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Unattraktive Bezahlung trotz hoher Verantwortung
Das Gehalt der Erzieher ist ein zentrales Problem und maßgeblich für den Fachkräftemangel verantwortlich. Laut einer Umfrage der Hans-Böckler-Stiftung aus diesem Jahr sind 76 Prozent nicht zufrieden mit ihrem Gehalt, das beim Einstieg in den Beruf durchschnittlich bei 2970 Euro pro Monat und mit zehn Jahren Berufserfahrung auf 3500 Euro steigt. Die Bertelsmann Stiftung hält es für entscheidend, dass die Bezahlung steigt, um die Attraktivität des Berufs zu erhöhen. Für Anfang 2025 ist die nächste Tarifrunde für TVöD-Beschäftigte an kommunalen Kitas geplant.
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