Berlin. Nach langem Hickhack greift 2025 die Reform der Grundsteuer. Für viele Verbraucher wird es teurer – und noch sind wichtige Fragen offen.

Seit Jahren bereits ärgern sich Immobilienbesitzer und Behörden mit der Grundsteuerreform herum. Zum Jahreswechsel wird es nun ernst: Ab Januar gilt die neue Grundsteuer. Sie soll mehr Gerechtigkeit schaffen, allerdings führt sie bei vielen Haushalten auch zu einer erheblichen Mehrbelastung. Wir erläutern, was Eigentümer jetzt wissen müssen – und warum das Thema auch für Bürger relevant ist, die zur Miete wohnen.

Was passiert zum 1. Januar 2025?

Ab dem neuen Jahr greift eine neue Berechnungsmethode der Grundsteuer. Die Vorbereitungen haben Jahre gedauert und Eigentümern, Finanzämtern sowie Kommunen viel abverlangt. Die Grundsteuer ist eine Steuer auf Immobilienbesitz. Sie ist jährlich zu entrichten. Die Einnahmen stehen den Städten und Gemeinden zu, für die die Grundsteuer eine der wichtigsten Finanzierungsquellen ist.

Wohnviertel in Hamm (Westfalen): Wer eine Immobilie besitzt, muss jährlich Grundsteuer zahlen. Diese ist nicht zu verwechseln mit der Grunderwerbsteuer, die beim Immobilienkauf einmalig fällig wird.
Wohnviertel in Hamm (Westfalen): Wer eine Immobilie besitzt, muss jährlich Grundsteuer zahlen. Diese ist nicht zu verwechseln mit der Grunderwerbsteuer, die beim Immobilienkauf einmalig fällig wird. © FUNKE Foto Services | Hans Blossey www.luftbild-blossey.de

Die Reform hatte der Gesetzgeber 2019 beschlossen, Finanzminister war zu jener Zeit der heutige Kanzler Olaf Scholz (SPD) Bundestag und Bundesrat reagierten ehedem auf ein vorangegangenes Urteil des Bundesverfassungsgerichts. Dieses hatte eine grundlegende Reform angemahnt, weil die Steuer bislang auf der Basis völlig veralteter Immobilienwerte berechnet wurde, die überdies noch in Ost und West voneinander abwichen. Im Zuge der Reform mussten 36 Millionen bebaute und unbebaute Grundstücke neu bewertet werden. Das ist inzwischen geschehen. Allerdings haben etliche Eigentümer immer noch keinen neuen Grundsteuerbescheid von ihrer Kommune oder dem Finanzamt erhalten. Sie wissen also noch gar nicht, wie viel sie ab Januar zahlen müssen.

Wie wird die Grundsteuer jetzt berechnet?

Das ist kompliziert. Denn der Gesetzgeber hat ehedem eine Öffnungsklausel eingebaut: Die Länder können das sogenannte Bundesmodell anwenden – oder aber ein eigenes. Nach dem Bundesmodell erfolgt die Berechnung im Kern anhand des Bodenwerts und des Mietwerts einer Immobilie. Hinzu kommen weitere Faktoren. Eine zentrale Rolle spielt zudem der sogenannte Hebesatz, dessen Höhe die Kommunen selbst festlegen. Mit dem Bundesmodell arbeiten Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, das Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen. Die übrigen Länder – darunter Hamburg und Niedersachsen – wenden eigene Verfahren zur Grundsteuerberechnung an oder das Bundesmodell in einer modifizierten Form.

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Gegen das Bundesmodell sind mehrere Musterklagen anhängig, die vom Eigentümerverband Haus & Grund sowie vom Bund der Steuerzahler unterstützt werden. Die Verbände hoffen, dass der Bundesfinanzhof und das Verfassungsgericht das Bundesmodell schließlich kippen. Ein Rechtsgutachter war zu dem Schluss gekommen, dass das Modell verfassungswidrig sei – unter anderem deshalb, weil Bodenrichtwerte nicht vergleichbar seien und individuelle Umstände wie Lärm oder Baumängel nicht berücksichtigt würden.

Wird wohnen durch die Reform teurer?

Etliche Eigentümer werden künftig mehr Grundsteuer zahlen müssen. Es gibt Berichte über extreme Fälle, in denen sich die Forderung der Kommune verdreifacht oder gar vervierfacht hat. Anderswo sinkt die Grundsteuer. Wer jetzt mehr zahlen muss, wird sich ärgern. Aber: Es war ja gerade die Absicht des Gesetzgebers und die Vorgabe des Verfassungsgerichts, die Grundsteuer so zu reformieren, dass die Wertentwicklung von Immobilien besser abgebildet wird. Das führt zwingend dazu, dass einige mehr zahlen müssen und andere weniger. Das Versprechen der Politik lautete nicht, dass die Belastung jedes einzelnen Eigentümers gleich bleiben würde. Sondern dass die Reform insgesamt „aufkommensneutral“ werde, die Kommunen unterm Strich also genauso viel Geld einnehmen würden wie bisher. Dafür muss der Hebesatz erhöht oder gesenkt werden. Im Jahr 2023 – neuere Zahlen liegen noch nicht vor – nahmen die Städte und Gemeinden aus der Grundsteuer insgesamt 15,5 Milliarden Euro ein.

Warum ist das Thema auch für Mieter relevant?

Aus zwei Gründen. Erstens: Der Vermieter kann die Grundsteuer auf seine Mieter abwälzen. Das macht sich dann auf der Nebenkostenabrechnung bemerkbar. Der zweite Grund: Die Vorbereitung der Grundsteuerreform hat bei den Finanzbehörden in den vergangenen Jahren viele Kräfte gebunden. Inzwischen sind die Arbeiten aber weitgehend abgeschlossen. Der Chef der Deutschen Steuer-Gewerkschaft, Florian Köbler, sagte dieser Redaktion: „Bei uns ist die große Bugwelle vorbei. Die Finanzämter haben jetzt wieder verstärkt Kapazitäten frei für andere Aufgaben – zum Beispiel die zügige Bearbeitung von Einkommensteuererklärungen.“ Wer seine Erklärung abgibt, muss jetzt voraussichtlich nicht mehr mehrere Monate auf etwaige Erstattungen warten.

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Was ist zu tun, wenn man bislang noch keinen neuen Grundsteuerbescheid erhalten hat?

Eigentümer sollten bislang eigentlich drei Bescheide bekommen haben: Vom Finanzamt den Grundsteuerwertbescheid und den Grundsteuermessbescheid sowie von der Kommune den eigentlichen Grundsteuerbescheid samt Zahlungsaufforderung. Achtung: In den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen werden alle drei Bescheide vom Finanzamt verschickt. Nur aus dem Grundsteuerbescheid geht hervor, wie viel man fortan zahlen muss.

Haus & Grund geht davon aus, dass rund zwei Drittel der Eigentümer und Vermieter noch keinen neuen Grundsteuerbescheid erhalten haben. Verbandspräsident Kai Warnecke sagte dieser Redaktion: „Wer bis heute keinen neuen Grundsteuerbescheid hat, der muss ab dem 1. Januar 2025 keine Grundsteuer mehr bezahlen. Denn die alte Grundsteuer ist ab diesem Tag nicht nur verfassungswidrig, sondern sie darf nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes auch nicht mehr angewandt werden.“ Die neue Grundsteuer müsse erst bezahlt werden, wenn man auch einen neuen Bescheid hat. 

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Was gilt für Eigentümer, die Einspruch gegen die Bescheide vom Finanzamt eingelegt haben?

Steuergewerkschafter Köbler sagt, etwa 20 Prozent der Immobilienbesitzer hätten beim Finanzamt Einspruch eingelegt gegen den Bescheid über den Grundsteuermessbetrag und den über den Grundsteuerwert. Darüber werde erst entschieden, wenn es ein Urteil des Bundesfinanzhofs und gegebenenfalls des Verfassungsgerichts zu den anhängigen Musterklagen gibt. „Was viele nicht wissen: Auch wenn man beim Finanzamt Einspruch eingelegt hat, heißt das nicht, dass die Kommunen in diesen Fällen das Verfahren stoppen“, betont Köbler. Der eigentliche Grundsteuerbescheid samt Zahlungsaufforderung dürfte also dennoch irgendwann ins Haus kommen – sofern er nicht schon eingetroffen ist.

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