Berlin. Unter strengen Sicherheitsmaßnahmen feiern Christen in Syrien Weihnachten. Nach dem Sturz Assads haben viele Hoffnung – doch Sorgen bleiben.

Wie sieht die Zukunft Syriens aus? Diese Frage stellen aktuell viele Menschen auf der ganzen Welt. Wichtig ist sie aber vor allem für die Menschen im Land – darunter auch rund 250.000 Christen. Für sie birgt der Machtwechsel trotz aller Euphorie über den Sturz Assads Risiken: Unter dem Diktator hatte Syrien den Ruf, das sicherste Land für Christen im Nahen Osten zu sein. Können und wollen die neuen, islamistischen Machthaber diese Sicherheit weiter gewährleisten?

Am ersten Weihnachtsfest nach ihrer Machtübernahme scheinen die neuen Herrscher bemüht, das Bild eines auch anderen Religionen gegenüber toleranten Regimes zu zeichnen: Mit der Islamistengruppe Haiat Tahrir al-Scham (HTS) verbundene Sicherheitskräfte seien außerhalb von Kirchen und in Vierteln mit christlicher Mehrheit in Damaskus positioniert worden, berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte. An vielen Orten vom Süden bis Norden Syriens hätten Kirchen für Weihnachtsfeiern ihre Tore geöffnet.

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Weihnachten in Syrien: „Wir haben doppelt Grund zum Feiern“

„Heute sind viele Sicherheitskräfte zum Schutz von Kirchen im Einsatz, weil Sabotage befürchtet wird, aber die Dinge sind normal“, sagte Nicola Jazgi, die an einer Weihnachtsmesse im Osten von Damaskus teilnahm, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). In diesem Jahr gebe es doppelten Grund zum Feiern, sagte Jazgi. „Weihnachten und der Sieg der Revolution und der Sturz des Tyrannen. Wir hoffen, dass heute der Tag der Erlösung von der Ära der Ungerechtigkeiten der Assad-Familie ist.“

Seit dem Sturz Assads herrscht unter verschiedenen Minderheiten im Land Unsicherheit, auch Christen fürchten Repressalien. Vereinzelt kam es auch zu Zwischenfällen: Am Montagabend haben Unbekannte in Al-Sukailabija in der Provinz Hama einen Weihnachtsbaum in Brand gesetzt. Eine Person wurde festgenommen. Hunderte von Menschen, Christen und Muslime, demonstrierten am Montagabend in der Hauptstadt Damaskus und anderen Städten gegen die Tat. In einem anderen Fall sei es zu einem Angriff auf einen Kirchgänger gekommen. Die neuen Machthaber seien dabei direkt eingeschritten.

Expertin: Menschen in Syrien können ihre Meinung äußern

Insgesamt scheint die muslimische Mehrheit in Syrien dem Weihnachtsfest aufgeschlossen gegenüber zu stehen. So hätten sich auch Muslime am Schmücken der Straßen beteiligt. In Bab Tuma, dem uralten christlichen Viertel in Damaskus, stehen schon seit Tagen Weihnachtsbäume, hängen Lichterketten, sind Krippen aufgebaut. Nachts patrouillieren dort Truppen der neuen Regierung, sorgen für Sicherheit.

Nahla Osman, Vorsitzende des Verbands Deutsch-Syrischer Hilfsvereine, könnten Christen weitgehend sicher Weihnachten feiern. Die Menschen im Land könnten sich derzeit frei bewegen und ihre Meinung äußern, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst. Wie sich die Lage auf lange Sicht entwickelt, muss sich erst noch zeigen.