Düsseldorf. Im Landtag wird an diesem Mittwoch der NRW-Haushalt 2025 beschlossen. Rekordausgaben und trotzdem kein Geld: Was läuft da falsch?

„Solide, verlässliche und zukunftsfeste Finanzen“ seien das tragende Fundament des Staates, sagte NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU), als er vor zweieinhalb Monaten seinen Landeshaushalt 2025 in den Landtag einbrachte. Es folgten Wochen voll heftiger Debatten inklusive der größten Demonstration gegen Sozialabbau, die Düsseldorf seit fast zwei Jahrzehnten erlebt hat.

Optendrenks Etat 2025 ist das wahrscheinlich schwierigste Rechenwerk, das der oberste Kassenwart der schwarz-grünen Koalition in seiner bisherigen Amtszeit zu verantworten hatte. Die Steuereinnahmen sind eingebrochen, die Sozialausgaben steigen, die Verteilungskämpfe nehmen nach etlichen fetten Jahren mit vollen öffentlichen Kassen spürbar zu.

An diesem Mittwoch werden CDU und Grüne ihren Haushalt mit Rekordausgaben durch den Landtag bringen und sich harsche Vorwürfe zu falschen Prioritäten, sozialen Unwuchten und mangelndem Sparwillen bei eigenen Lieblingsprojekten anhören müssen. Eine Orientierung der Debattenlage:

Wieviel Geld will Schwarz-Grün im nächsten Jahr ausgeben?

Der Landeshaushalt 2025 sieht Rekordausgaben von rund 105,5 Milliarden Euro vor. Das Haushaltsvolumen hat sich gegenüber dem laufenden Jahr 2024 noch einmal um etwa drei Milliarden Euro gesteigert.

Entscheidungen auf Bundesebene schlagen in NRW voll durch

Wie wirkt sich die schwächelnde Wirtschaft auf die Landesfinanzen aus?

Schwarz-Grün muss mit deutlich weniger Geld auskommen, als man in der mehrjährigen „mittelfristigen Finanzplanung“ veranschlagt hatte. Allein im Haushalt 2025 fehlen Optendrenk aufgrund des schwachen Wirtschaftswachstums mehr als 850 Millionen Euro. Zudem muss NRW Wirtschafts- und Konjunkturmaßnahmen mitfinanzieren, die auf Bundesebene beschlossen wurden. Optendrenk rechnet gern vor, dass allein die 2022 in Berlin verabschiedeten steuerlichen Entlastungsmaßnahmen sowie Mehrausgaben für „Wohngeld plus“ und „Deutschland-Ticket“ das Land jährlich vier Milliarden Euro kosteten.

Konjunkturkomponente erlaubt Ländern Kredite in begrenztem Umfang

Warum darf NRW trotz Schuldenbremse wieder Kredite aufnehmen?

Im Landeshaushalt 2025 werden rund zwei Milliarden Euro auf Pump finanziert – im Einklang mit der Schuldenbremse. Die sogenannte „Konjunkturkomponente“ sorgt dafür, dass die Länder in Krisenzeiten einen wissenschaftlich berechneten Teil ihrer Ausgaben über neue Kredite finanzieren dürfen. Die Krux: Innerhalb weniger Jahre muss das Geld zurückgezahlt werden. Optendrenk war nie ein Freund der Konjunkturkomponente, da sie nur kurzfristig Luft verschafft und dafür künftige Gestaltungsspielräume einengt. Aktuell weiß sich der Finanzminister jedoch nicht anders zu helfen.

Warum wird der Landeshaushalt immer größer und trotzdem fehlt Geld?

Ein Großteil des Landeshaushalts besteht aus sogenannten Pflichtausgaben. Darunter versteht man Gehälter für Landesbeamte wie Lehrer, Polizisten oder Justizbeschäftigte. Allein die Tarifabschlüsse vom November 2023 führen in den Jahren 2024 und 2025 im Landeshaushalt zu Mehrausgaben von gut 4,5 Milliarden Euro. Hinzu kommen gesetzliche Sozialausgaben, die vor allem in schlechten Zeiten ansteigen. So gehen knapp sieben Milliarden Euro des gesamten Zehn Milliarden-Etats des Arbeits- und Sozialministeriums in NRW für Grundsicherung und soziale Pflichtleistungen drauf.

Der „Goldschatz“ der Selbstbewirtschaftungsmittel

Welche Haushaltsschwerpunkte setzt Schwarz-Grün 2025?

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) verweist darauf, dass es bei schwieriger Kassenlage gelungen sei, die Gesamtaufwendungen im Bildungsbereich nochmals um 2,7 Milliarden Euro auf fast 42 Milliarden Euro zu schrauben - der größte Ausgabenblock im 105,5 Milliarden-Etat. Schwarz-Grün habe sich darauf verständigt, in allen Ressorts für diese Prioritätensetzung kollegial Einsparungen gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung von rund 3,6 Milliarden Euro zu erbringen.

Warum steht der Landeshaushalt 2025 unter dem Verdacht der sozialen Schieflage?

Im ersten Haushaltsentwurf hatten CDU und Grüne erheblich bei der Freien Wohlfahrt gekürzt. Zahlreiche Hilfs- und Beratungsleistungen für Familien, Behinderte und Obdachlose sowie Präventionsprojekte wie der Aids-Hilfe waren zusammengestrichen worden, während Wald- und Umweltprojekte der Grünen angeblich geschont wurden. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW rechnete Kürzungen von 83 Millionen Euro zusammen und organisierte auf den Düsseldorfer Rheinwiesen eine Großdemonstration mit 32.000 Teilnehmern. Schwarz-Grün reagierte. Durch Verschiebungen von sogenannten Bedarfsmitteln (nicht akut benötigte Posten) und mit Hilfe von Fördergeldern aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) würden für Soziales rund 43 Millionen Euro zusätzlich bereitstehen, hieß es Anfang Dezember. SPD-Oppositionsführer Jochen Ott warf der Koalition ein Verwirrspiel mit Haushaltsposten vor und behauptete, dass immer noch 73 Millionen Euro im Sozialbereich gekürzt würden. Nur bei der Schuldnerberatung und den Frauenhäusern sei der Rotstift beiseite gelegt worden.

Was schlägt die Opposition vor?

Die SPD will den Kahlschlag im Sozialen stoppen, indem man zwei Milliarden Euro zusätzlich für die Bereiche Familie, Bildung und Kommunen ausgibt. Das Geld dafür soll aus nicht gebundenen Selbstbewirtschaftungsmitteln, unbesetzten Personalstellen und verborgenen Rücklagen genommen werden. Unter Selbstbewirtschaftungsmitteln versteht man Geld, das der Landtag den Ministerien pauschal für mehrjährige Projekte genehmigt. Wenn Vorhaben erst später verwirklicht oder billiger werden als veranschlagt, liegen diese „Goldschätze“ in den Ressorts. Die Opposition unterstellt, dass Schwarz-Grün solches Geld zurückhalten will, um rechtzeitig vor der Landtagswahl 2027 werbewirksame Wohltaten bezahlen zu können. Mit einem Kreditprogramm bei der NRW-Bank will die SPD zudem fünf Milliarden Euro für Investitionen in Schule, Wirtschaft und Infrastruktur ermöglichen.