Berlin. Im Wahlkampf investieren Parteien in Wahlspots, Plakate oder Videos. Von amerikanischen Verhältnissen ist Deutschland weit entfernt.

In den Wahlkampfzentralen der Parteien laufen die Vorbereitungen auf ihre politische Werbetour im kalten Winter auf Hochtouren. Es geht um die besten Stellplätze für Großplakate, um Spots für das Fernsehen und die sozialen Netzwerke. Flyer müssen gedruckt werden, um den potenziellen Wählern am Stand auf der Straße etwas in die Hände drücken zu können. Profis entwerfen die einfachen Slogans, die sich im Gedächtnis der Zielgruppe einprägen sollen.

Das alles kostet eine Menge Geld. Wie viel es genau sein wird, bleibt zumindest teilweise ein gut gehütetes Geheimnis der Parteien. „Das Budget orientiert sich an dem der Bundestagswahl 2021 unter Berücksichtigung der inflationsbedingten Mehrausgaben“, sagt ein SPD-Sprecher. Vor vier Jahre habe die Partei 15 Millionen Euro ausgegeben. Die CDU wollte auf Anfrage keine Angaben machen, hatte Medienberichten zufolge vor vier Jahren 20 Millionen Euro zur Verfügung. Die CSU hat sich auch früher schon nicht in die Karten schauen lassen.

„Unser Wahlkampfbudget liegt bei 6,5 Millionen Euro“, teilt die Linke mit. „Wir sind im Vergleich zu anderen sparsam“, erläutert Carsten Hütter, Schatzmeister der AfD. Sechs Millionen sehe das Budget für den Wahlkampf vor. Auch die Grünen liegen in dieser Größenordnung.

Bundestagswahlkampf: Diese Werbeagenturen vertreten die Parteien

Zusammengenommen werden sich die Ausgaben für den Wahlkampf auf etwa 70 Millionen Euro summieren. Das ist zwar ein kleines Konjunkturprogramm für die Werbewirtschaft. Doch von amerikanischen Verhältnissen sind die Beträge weit entfernt. Schätzungen zufolge kostete der Kampf ums Weiße Haus und die Mehrheit im US-Kongress über 15 Milliarden US-Dollar, also 14,2 Milliarden Euro.

Die wirtschaftlichen Profiteure kommen aus der Werbewirtschaft. Das sind zum Beispiel die beauftragten Werbeagenturen. Darunter finden sich renommierte Branchengrößen. So zieht für die SPD die Hamburger Agentur brinkerlück ins Rennen. Für die Grünen wirbt die ebenfalls an der Alster ansässige Agentur Jung von Matt. Die FDP bleibt dem Unternehmen Heimat treu, die Linke setzt auf die Berliner Botschaft, die CDU auf FischerAppelt. Nur die AfD setzt auf zwei Agenturen, Tannwald und Republic Relations. Zu ihren konkreten Plänen wollten sich mehrere der Agenturen ebenso wenig äußern wie ihre Auftraggeber. Die Strategien werden wohl erst bei der Vorstellung der jeweiligen Wahlprogramme sichtbar.

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Diese Firmen profitieren neben der Werbewirtschaft

Darüber hinaus profitieren noch eine Reihe weiterer Firmen vom Wahlkampf. Dazu gehören die Betreiber von Veranstaltungssälen, Druckereien, die Vermieter von Plakatstellplätzen, Videoproduktionen und freie Mitarbeiter rund um die Produktion der Werbematerialien. Auch Medien schnappen sich ein gutes Stück vom Kuchen, etwa durch Zeitungsannoncen oder verkaufte Sendezeit. Am gesamten Werbemarkt in Deutschland gemessen sind die Effekte des Millionengeschäfts Wahlkampf allerdings gering.

Nach Angaben des Zentralverbands der Werbewirtschaft beliefen sich die Werbeausgaben im vergangenen Jahr auf 49 Milliarden Euro. Der Spitzenreiter unter dem Werbetreibenden, der US-Konzern Procter & Gamble, gab 2022 alleine 1,4 Milliarden Euro für Reklame aus. Selbst die Supermarktkette Penny steckte im gleichen Jahr mit 225 Millionen Euro drei Mal so viel Geld in Werbung wie die zur Wahl antretenden Parteien zusammengenommen.

Spenden und Mitgliedsbeiträge: So finanzieren die Parteien ihren Wahlkampf

Die Budgets der Parteien für Wahlkämpfe setzen sich aus verschiedenen Positionen zusammen. Da sind zunächst einmal Mitgliedsbeiträge und Spenden. Sie verteilen sich ungleich. CDU und CSU, die FDP sowie die AfD können auf spendable Anhänger bauen. Nach Berechnung der Bundeszentrale für politische Bildung nahm zum Beispiel die FDP 2017 fast 39 Millionen Euro an Spenden ein, gefolgt von der AfD mit rund 37 Millionen Euro und den beiden Unionsparteien mit je über 22 Millionen Euro. Dagegen müssen sich linke Parteien bescheiden. Die Linke erhielt lediglich acht Millionen Euro von Spendern, die SPD knapp neun Millionen Euro. Bei den Mitgliedsbeiträgen wiederum liegen diese beiden Parteien vorne.

Dazu kommen staatliche Mittel wie die Wahlkampfkostenerstattung. Bei einer Bundestagswahl erhalten die Parteien für die ersten vier Millionen Zweitstimmen jeweils einen Euro. Dafür muss die Partei jedoch mehr als 0,5 Prozent der Wählerstimmen erhalten. Jede weitere Stimme wird mit 83 Cent vergütet. Außerdem erhalten die Parteien unabhängig vom Wahlkampf 45 Cent für jeden eingenommenen Euro an Beiträgen oder Spenden. Dabei werden aber nur private Spenden berücksichtigt, keine von Unternehmen oder Verbänden.

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Geld allein gewinnt noch keine Wahl

Ein guter Wahlkampf kann am Ende entscheidend sein, wie die Expertin für visuelle Wahlkampfkommunikation der Uni Trier, Marion G. Müller, anhand einer Studie zur letzten Bundestagswahl feststellt. „Es gibt zwei Faktoren, die zum Sieg der SPD geführt haben“, erläutert sie. Die Partei stand geschlossen hinter ihrem Kandidaten, und verfügte über eine sehr große und „gut geölte“ Wahlkampfmaschine. Die Grünen hingegen hätten zwar genug Geld, aber ihr Personal nicht genügend aufgestockt. Das habe zu Fehlern geführt.

Allein viel Geld gewinnt keine Wahl, ebenso wenig eine hohe Medienpräsenz. „Es sind nicht die Medien“, sagt Müller, „wer am geschlossensten und entschlossensten Auftritt, hat die besten Chancen.“ Sie sieht eine Entwicklung hin zu einem immer zielgruppenorientierten Ansprache der Wähler, so wie es die AfD etwa über Social Media vormacht.