Essen. Die SPD in NRW hat sich verkalkuliert. Pistorius will doch nicht Kanzlerkandidat werden, der Aufstand war umsonst – doch er hinterlässt Schäden.

Wer sich weit aus dem Fenster lehnt, kann leicht hinausfallen. Bedeutende Teile der NRW-SPD, das steht nun fest, haben sich zu weit aus dem Fenster gelehnt. Die kaum verhohlene Unterstützung für Boris Pistorius, zugleich ein beispielloses Misstrauensvotum gegen den amtierenden Kanzler, sollte eine Machtdemonstration sein, ein Aufstand der Basis gegen die in Berlin – ein Aufstand nicht irgendeiner Basis, sondern gesteuert mitten aus der Herzkammer der Sozialdemokratie. Nun ist es eine Ohnmachts-Demonstration geworden. Und am Ende sind alle beschädigt.

» Lesen Sie dazu: Boris Pistorius verzichtet auf SPD-Kanzlerkandidatur 

Zuerst natürlich der Kanzler, der nun ja auch – mangels Alternative – der Kanzlerkandidat sein dürfte. Ihm (und den Wählerinnen und Wählern) haben seine Genossinnen und Genossen tagelang versichert, dass er eigentlich nicht der Richtige ist. Seine Chancen, angesichts der Umfragewerte ohnehin nicht berauschend, dürften nun an der Nulllinie kratzen.

Beschädigt sind aber auch die Vorsitzenden der NRW-Landesgruppe im Bundestag, Wiebke Esdar und Dirk Wiese, die den Vorstoß gegen Scholz gewagt hatten, sowie der NRW-SPD-Chef Achim Post, der die beiden Abgeordneten unterstützte. Sie werden nun noch mehr Mühe haben, ihre erwartungsenttäuschten Parteimitglieder an Rhein und Ruhr zu motivieren, Wahlkampf für den Zweitbesten zu machen. Ein Motivationsdesaster!

Umfrage: Lieber Merz als Scholz als nächsten Kanzler

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    Wer jetzt noch Geschlossenheit bei den Sozialdemokraten fordert, der pfeift ein kläglich Lied im dunklen Wald. Wie ließ sich der Bochumer Landtagsabgeordnete und Unterbezirkschef Serdar Yüksel noch vor wenigen Tagen zitieren? „Wenn Sie in der SPD die Mitglieder befragen würden, wären 80 Prozent für Pistorius.“ Autsch! Im Grunde kann die NRW-CDU einen solchen Satz jetzt nehmen und auf ihre Plakate schreiben. Der Ball liegt auf dem Elfmeterpunkt, das Tor ist leer.

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