Berlin. Beim Westbalkan-Gipfel drängen Berlin und Brüssel auf einen raschen Beitritt der sechs Westbalkan-Staaten in die EU.

Rückenwind für die Bemühungen der sechs Westbalkan-Staaten, Mitglied der Europäischen Union zu werden: Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) haben sich bei einem Westbalkan-Gipfel im Kanzleramt in Berlin für die schnelle Aufnahme der Beitrittskandidaten Serbien, Kosovo, Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro und Nordmazedonien ausgesprochen. „Die Europäische Union ist erst vollständig, wenn der Westbalkan Teil von ihr ist“, sagte Scholz. Gleichzeitig sei die „To-do-Liste noch sehr lang“.

Im Kanzleramt fand zuvor das Jubiläumstreffen des seit zehn Jahren laufenden Berlin-Prozesses zur Heranführung der sechs Staaten an die EU statt. Scholz zog eine positive Bilanz des Prozesses, den die damalige Kanzlerin Angela Merkel gestartet hatte: „Es ist uns gelungen, etwas zu schaffen, das ich den Geist von Berlin nennen würde.“ Die Bundesregierung bemühe sich, Gräben in der Region zuzuschütten und die sechs Staaten besser untereinander zu verbinden. Scholz nannte als konkrete Erfolge Abkommen zur Verbesserung der Mobilität zwischen den sechs Ländern, die Senkung von Roaming-Gebühren oder eine regionale Klimapartnerschaft zur Förderung der Nutzung erneuerbarer Energien. Von der Leyen lobte den Berlin-Prozess als „Erfolgsgeschichte“, die ein „Jahrzehnt des Fortschritts“ ermöglicht habe.

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Beim Gipfel wurden Fortschritte innerhalb des Mitteleuropäischen Freihandelsabkommen Cefta der Westbalkan-Staaten und Moldaus gewürdigt; die Bundesregierung hatte vor wenigen Tagen das Ende einer Blockade zwischen Serbien und Kosovo vermittelt. Scholz sprach von einem „Durchbruch für die regionale Zusammenarbeit“. Der Gipfel segnete einen Aktionsplan für den gemeinsamen regionalen Markt und ein Abkommen ab, das unter anderem den Studentenaustausch erleichtert.

Westbalkan-Gipfel im Kanzleramt: Bundeskanzler Olaf Scholz ((SPD), rechts) begrüßt Serbiens Ministerpräsident Milos Vucevic.
Westbalkan-Gipfel im Kanzleramt: Bundeskanzler Olaf Scholz ((SPD), rechts) begrüßt Serbiens Ministerpräsident Milos Vucevic. © AFP | Tobias Schwarz

Die EU hatte den sechs Westbalkan-Staaten bereits 2003 den Beitritt zur EU in Aussicht gestellt, die Fortschritte seitdem sind sehr durchwachsen. Während Montenegro unter Führung des prowestlichen Premiers Milojko Spajić so weit vorangekommen ist, dass ein angestrebter Beitritt im Jahr 2028 gute Chancen hat, liegen andere Staaten weit zurück, teilweise haben Verhandlungen wegen nicht erfüllter Bedingungen gar nicht begonnen. Die vor zehn Jahren eröffneten Gespräche mit Serbien erweisen sich als extrem hürdenreich.  Die EU verfolgt mit zunehmender Verärgerung den Kurs von Präsident Aleksandar Vučić, der trotz EU-Beitrittswunsch eine enge Partnerschaft mit Russland unterhält, vor „antirussischer Hysterie“ warnt und deshalb die westlichen Sanktionen nicht mitträgt. Vucic verstärkte in letzter Zeit auch die Zusammenarbeit mit China.

Belgrad weigert sich auch, die staatliche Unabhängigkeit Kosovos anzuerkennen, und schürt im Kosovo und in anderen Ländern des Balkan gezielt Konflikte. Scholz forderte eine neue Dynamik beim Normalisierungsprozess zwischen Serbien und Kosovo. Der aktuelle Stand sei nicht zufriedenstellend, beide Seiten müssten ihre Zusagen einhalten. Laut Umfragen würde nur noch ein gutes Drittel der Serben eine EU-Mitgliedschaft begrüßen. Auch in anderen Westbalkan-Staaten sinkt die Zustimmung zur EU, nachdem der vor zwei Jahrzehnten in Aussicht gestellte EU-Beitritt noch immer nicht in Sicht ist.  

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