Washington. Beim Schutz von Donald Trump steht der Secret Service vor massiven Herausforderungen. Das liegt auch an seinen Gewohnheiten.

Für zwei „stealth bomber” der jüngsten Generation, Kampf-Jets der Extraklasse, blättert das US-Verteidigungsministerium zusammen rund vier Milliarden Dollar hin. Das Jahresbudget der wichtigsten Personenschutz-Elite-Einheit der Vereinigten Staaten, die nach dem zweiten Attentatsversuch auf Donald Trump erneut unter massiven Druck gerät, liegt heute bei rund drei Milliarden Dollar. Damit werden im Kern rund 40 Top-Personen – aktuelle Regierungs-Doppelspitze, fünf lebende Ex-Präsidenten samt Anhang plus Präsidentschaftskandidaten, Kongress-Obere und etwaige Staatsgäste – rund um die Uhr vor Misshelligheiten geschützt. 

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Anhand dieses Rechenbeispiels erzählt der Autor Ronald Kessler gern das Grund-Manko, mit dem der Secret Service zu kämpfen hat: „Zu wenig Geld und Leute für ständig wachsende Aufgaben.“ Seit Donald Trump am Sonntag offenbar einem zweiten Mordversuch entgangen ist, weil ein Secret-Service-Agent rechtzeitig eine Gewehrmündung am Zaun von Trumps Golf-Ressort in West Palm Beach erspäht hatte, bekommt die Diskussion über die kurze Personaldecke der dem Heimatschutz-Ministerium angegliederten Truppe (rund 8000 Leute, davon 3600 „special agents”, die mit Sonnenbrille und Ohrstöpsel) eine neue Schlagseite: 

Wird der Republikaner, Ex-Präsident und Kandidat in einer Person, etwa schlechter geschützt als Amtsinhaber Joe Biden oder Kamala Harris, die als Vize-Präsidentin und Kandidatin ebenfalls eine Doppelfunktion hat? Trump selber hat sich bisher nur lobend über seine Leibgardisten geäußert. „Sie haben einen absolut tollen Job gemacht.“ Republikaner im Kongress machen dagegen eine Ungleichbehandlung dafür verantwortlich, dass binnen zwei Monaten zum zweiten Mal ein bewaffneter Mensch auf wenige hundert Meter an den Ex-Präsidenten herankommen konnte.

Ein FBI-Agent fotografiert den Tatort vor dem Trump International Golf Club in West Palm Beach, Florida, am 15. September 2024 nach einer Schießerei auf dem Golfplatz des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump.
Ein FBI-Agent fotografiert den Tatort vor dem Trump International Golf Club in West Palm Beach, Florida, am 15. September 2024 nach einer Schießerei auf dem Golfplatz des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump. © AFP | CHANDAN KHANNA

Secret Service bemängelt: „Zu wenig Geld und Leute für ständig wachsende Aufgaben“

Als verbrieft gilt nach Aussagen des lokalen Sheriffs Ric Bradshaw, dass bei Biden und Harris die Sicherheitszone außerhalb des Golf-Platzes weiter gezogen worden wäre. Sodass der mutmaßliche Attentäter Ryan Wesley Routh sich nicht einen halben Tag über in einem Gebüsch am Rand der Anlage hätte verstecken können. Das an stark frequentierten öffentlichen Straßen liegende Areal zu sichern, hätte aber den massiven Einsatz zusätzlicher Kräfte erfordert. Sprich: erhebliche Mehrkosten. 

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Geld, das erst der Kongress bewilligen muss. Ro Khanna, demokratischer Kongress-Abgeordneter mit Erfahrung in Fragen der nationalen Sicherheit, hält die Bewilligung für unabdingbar: „Wenn wir jedes Jahr fast 1000 Milliarden Dollar für Verteidigung bereitstellen können, können wir es uns auch leisten, die Ressourcen zum Schutz von Kandidaten, ehemaligen Präsidenten und der Stabilität unserer Nation zu erweitern.“

Trump macht Demokraten für Attentatsversuch verantwortlich

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    Letztere wird nach Kriterien erzeugt, die aus Sicherheitsgründen der Öffentlichkeit verborgen bleiben, aber im Groben so aussehen: So sind dem amtierenden Präsidenten Biden und der Vize-Präsidentin Harris täglich alles in allem bis zu 300 Agenten zugeteilt. Darunter sind nicht nur die, die bei Autokolonnen und Kundgebungen ganz nah an ihrer Zielperson sind. Sondern auch Dutzende, die im Hintergrund die Aufklärung und Logistik regeln.

    Insider: Trump ist für den Secret Service „der mit Abstand teuerste Kunde“

    Bei Trump, so der Secret-Service-Experte Kessler, dürften es maximal 90 bis 100 Agenten sein. Zum Vergleich: Der 2008 ausgeschiedene Präsident George W. Bush hält gemeinsam mit Ehefrau Laura und Familie immer noch rund 75 „Special Agents“ auf Trab. Der am 1. Oktober 100 Jahre alt werdende Ex-Präsident Jimmy Carter benötigt in seinem Hospiz in Plains/Georgia dagegen nur ein kleines „security detail”. Auch, weil die Bedrohungslage für ihn als überschaubar eingestuft wird. 

    Mehr zum Thema: Reagan, Reker, Schäuble – Gescheiterte Attentate und die Folgen

    Bei Trump, in puncto Gefährdung das andere Extrem, gilt es den Ex-Präsidenten/Kandidaten zu betreuen, der seit Amtsausscheiden 2021 daueraktiv kreuz und quer durchs Land jettet und regelmäßig hoch sicherheitsintensive Kundgebungen abhält. Außerdem stehen die gesamte Familie samt Kindern (fast 20 Personen) sowie die diversen Liegenschaften von New York bis Mar-a-Lago auf der Liste der schutzwürdigen Objekte. Insider sagen, Trump ist für den Secret Service „der mit Abstand teuerste Kunde“.

    Schon vor dem ersten Attentat am 13. Juli wurde der Schutz für den 78-Jährigen wegen iranischer Drohungen diskret intensiviert. In Butler/Pennsylvania wurden Trump zum ersten Mal zwei Scharfschützen-Teams an die Seite gestellt, was um Haaresbreite schiefgegangen wäre. Hätte die Kugel des Attentäters Thomas Crooks Trump nicht nur am Ohr getroffen, es wäre für den Secret Service das erste Totalversagen seit 1981 geworden. Damals wurde Ronald Reagan vor dem Washingtoner Hilton-Hotel angeschossen.

    Secret Service-Sprecher Guglielmi: Trump habe schon jetzt materiell und personell den gleichen Schutz wie Biden

    Über die tatsächliche Mannstärke, die heute für Trump abgestellt wird, gibt Secret Service-Sprecher Anthony Guglielmi keine Auskunft. Aber schon jetzt habe Trump materiell und personell den gleichen Schutz wie Joe Biden, sagt der kommissarische neue Chef, Ronald Rowe.

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    Rowe weiß, dass alles auf Kante genäht ist und die Nachwuchs-Rekrutierung nicht einfacher wird. Trotz gestiegener Ausgaben hat der USSS (United States Secret Service) heute rund 350 Agenten weniger im Feld für den aktiven Personenschutz als vor zehn Jahren. Die Gründe sind vielschichtig. Die Arbeitsbelastung ist hoch. 12- bis 16-Stunden-Tage und das über Wochen sind, wenn man mit ehemaligen Agenten spricht, keine Seltenheit. „Die Burn-Out-Quote ist hoch.“ Und in der privaten „Security”-Industrie lässt sich, etwa beim Schutz von Stars aus dem Showgeschäft deutlich mehr als die durchschnittlichen 120.000 Dollar im Jahr verdienen, die ein „Special Agent” erhält.