Washington. Der Versuch, den Ex-Präsidenten zu töten, sendet nicht nur eine verheerende Botschaft. Er verändert auch das Rennen ums Weiße Haus.
Donald Trump kann sich selbst auf seinen hermetisch abgeriegelten Golf-Plätzen seines Lebens nicht mehr sicher sein.
Das ist die verheerende Botschaft, die von dem Anschlagsversuch auf den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner ausgeht, der von dem zuletzt zurecht stark gescholtenen Secret Service verhindert wurde.
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Was ist nur aus diesem Land geworden?
Zwei Monate nach den Schüssen in Butler/Pennsylvania, die Trump nur durch eine glückliche Fügung geringfügig verletzt überstanden hatte, und 50 Tage vor der Präsidentschaftswahl hat offenbar erneut ein Amerikaner versucht, den umstrittensten US-Politiker dieses Jahrhunderts mit Gewalt auszuschalten. Und wieder hat anscheinend nicht viel gefehlt.
Das muss man für einen Moment sacken lassen. Was ist das nur für ein Land geworden?!
Auch wenn die Hintergründe, vor allem das Motiv, noch nicht geklärt sind, ist klar, dass der Mann, der am Sonntagnachmittag am Rande des Trumpschen Golf-Ressorts in West Palm Beach in den Büschen lag, böse Absichten verfolgte. Wer 300 bis 400 Meter entfernt vom Golf spielenden Ex-Präsidenten mit einem Schnellfeuergewehr samt Zielfernrohr hantiert, will Leben zerstören. Dass der potenzielle Täter eine GoPro-Kamera dabei hatte, könnte auf die perverse Absicht hindeuten, die geplante Tötung Trumps auf Video festzuhalten.
Die USA wären am Abgrund gelandet
Die Leibgarde Trumps, die in Pennsylvania so eklatant versagte, als ein 20-Jähriger unbehelligt von einem Dach aus auf den Präsidentschaftskandidaten angelegt hatte, was immer noch der Aufklärung bedarf, war diesmal geringfügig wacher.
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Die Gewehrmündung von Ryan Wesley Routh zeigte bereits in Richtung Trump. Nicht auszudenken, wenn er hätte schießen können. Ein tödlicher Treffer hätte Amerika an den Rand des Abgrunds geführt. Die Wahl im November wäre in einem nicht vorstellbaren Maße verschattet, vielleicht sogar unmöglich gemacht worden.
Versuchtes Attentat auf Trump verändert Wahlkampfgeschehen
Das zweite Attentat kann die Dynamik des zuletzt klar in Richtung von Kamala Harris gelaufenen Wahlkampfs abrupt beenden und Trump neuen Auftrieb geben. Ab heute wird nicht mehr über die für Trump desaströs geendete TV-Debatte oder seine ebenso absurden wie gefährlichen Attacken gegen haitianische Einwanderer in Ohio geredet, die angeblich Haustiere verspeisen.
Ab heute steht wieder die religiös verklärte Opfer-Figur Trump im Mittelpunkt. Seine Anhänger werden erneut an dem Mythos ihres angeblich von finsteren Kräften des „tiefen Staates” verfolgten Anführers basteln. Trump wird aus dem Vorfall so viel Spenden-Geld und politischen Honig wie möglich saugen.
Sein Team wird den Vorwurf erheben, dass die Biden-Regierung ihm nicht den optimalen Schutz gewährt, ihn mit anderen Worten fahrlässig für irregeleitete Einzeltäter zum Abschuss freigibt. Das ist zwar grob daneben. Aber die Regierung darf ab sofort bei der Schutzwürdigkeit keinen materiellen, sprich personellen Unterschied mehr machen zwischen Amtsinhaber und Kandidat.
Kamala Harris muss Angriffsstragie überdenken
Für Kamala Harris bedeutet die neue Lage, dass sie ihre Angriffe neu kalibrieren muss. Jedes harte Argument gegen Trump wird auf sein Potenzial abgeklopft werden, ob es Wirrköpfe inspirieren könnte, den Rechtspopulisten mit Gewalt von der politischen Bühne zu holen.
Bittere Nebenwirkung: Sachthemen über die Zukunft der Vereinigten Staaten werden es nun noch schwerer haben. Der Beinahe-Tod auf dem Golfplatz übernimmt die Regie.
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