Düsseldorf. Die gescheiterte Abschiebung des Solingen-Attentäters nach Bulgarien wirft neue Fragen auf. Der Syrer war auch andernorts aktenkundig.

Im Fall der gescheiterten Abschiebung des späteren Solingen-Attentäters kommen immer weitere Details ans Licht. Wie das NRW-Flüchtlingsministerium am Dienstag erstmals offiziell bestätigte, hatte der 26-jährige Syrer Issa al H. nicht nur in Bulgarien einen Asylantrag gestellt, sondern wurde später auch in Österreich registriert.

„Aus dem uns vorliegenden asylrechtlichen Vorgang zur Person Issa al H. ging hervor, dass diese auch in Österreich registriert wurde“, erklärte eine Sprecherin von NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) auf Anfrage unserer Redaktion. Für die Durchführung des Asylverfahrens und die Identifizierung des Ziellandes, in das der Mann rücküberstellt werden sollte, sei jedoch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig gewesen. In dem Verfahren der Bundesbehörde habe Bulgarien seine Zuständigkeit als der EU-Mitgliedstaat erklärt, in dem sich Issa al H. als erstes aufgehalten hatte.

Solingen-Attentäter: Bundesinnenministerin Faeser fragt nach Verantwortung der NRW-Behörden

Auf die Registrierung des späteren Attentäters auch in Österreich hatte am Wochenende bei einer Veranstaltung in NRW ausdrücklich Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hingewiesen. Dieser Umstand sei „dieser Tage ein bisschen untergegangen“, sagte Faeser dort und verortete die Verantwortung für die am Ende missglückte Rückführung bei den NRW-Behörden: „Wie konnte das passieren, obwohl er ausreisepflichtig war und wir sogar die Abschiebung organisiert hatten?“, fragte sie.

Unklar blieb bislang die mögliche Bedeutung der Zweitregistrierung in Österreich im Rahmen der EU-weiten „Dublin-Verordnung“. NRW hatte in der Nacht zum 5. Juni 2023 einen Abschiebeversuch aus der Landesflüchtlingsunterkunft Paderborn per Linienflug von Düsseldorf nach Sofia unternommen. Obwohl der Syrer damals offenbar nur kurzfristig nicht in seinem Zimmer anzutreffen war und schon am selben Tag wieder beim Mittagessen in der Einrichtung auftauchte, wurde kein weiterer Rückführungsversuch unternommen. Auch das Untertauchen wurde nirgendwo registriert.

Schwarz-Grün unter Druck: Wüst will „Sicherheitspaket“ im Landtag präsentieren

Stattdessen lief am 20. August 2023 die übliche Überstellungsfrist nach Bulgarien aus, Deutschland akzeptierte die damit einsetzende Zuständigkeit für das weitere Asylverfahren und schickte Issa al H. am 28. August nach Solingen - wo er ein Jahr später beim Stadtfest drei Menschen ermordete und mehrere lebensgefährlich verletzte.

Durch die Behördenpannen ist die schwarz-grüne Landesregierung schwer unter Druck geraten. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hat für diesen Mittwoch kurzfristig eine Unterrichtung des Landtags anberaumt. Dem Vernehmen nach soll ein „Sicherheitspaket“ präsentiert werden, das die Überwachung von islamistischen Gefährdern in Landeszuständigkeit verbessert, das chaotische Flüchtlingsmanagement in NRW ordnet und vom Bund mehr Kompetenzen für Sicherheitsbehörden einfordert.