Düsseldorf. Die Ampel-Haushaltstricks haben Folgen für Bahnfahrer in NRW: Der grüne Verkehrsminister Krischer sagt, was jetzt drohen könnte.
NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) befürchtet dramatische Auswirkungen der jüngsten Haushaltseinigung der Ampel-Bundesregierung auf das Bahnangebot an Rhein und Ruhr.
Sollte der Bund tatsächlich indirekt dafür sorgen, dass die Trassenpreise für den Nahverkehr um über 20 Prozent steigen, „wird das eine ganze einfache Konsequenz haben: Wesentliche Teile des Nahverkehrs werden einfach nicht mehr stattfinden“, erklärte Krischer am Dienstag auf Anfrage unserer Redaktion.
Hintergrund ist die Entscheidung der Ampel, der Deutschen Bahn statt Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt für den Unterhalt des Schienennetzes künftig mehr Eigenkapital zu gewähren. Dadurch könnte das Staatsunternehmen wirtschaftlich gezwungen sein, die sogenannten Trassenpreise, die jeder Bahnbetreiber für die Schienennutzung bezahlen muss, stark anzuheben. In den Ländern wächst die Sorge, dass der Regionalverkehr so vielerorts nicht mehr zu finanzieren sein wird.
Grüner Landesminister keilt im Bahnstreit gegen Finanzminister Lindner
„Herr Lindner darf dann aussuchen, welche Strecken wir in NRW einstellen“, ätzte Krischer mit Blick auf Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP). Die Umwandlung von Zuschüssen aus dem Bundeshaushalt in Eigenkapital gilt als Kniff, um formal die Schuldenbremse einzuhalten. Die FDP pocht in der Koalition mit SPD und Grünen im Bund auf Einhaltung der Kreditgrenzen, während Rot-Grün eine Reform der Schuldenbremse anstrebt. Über die Frage, wie Milliarden-Löcher im Etat gestopft werden können, haben sich die Ampel-Partner eine wochenlange öffentliche Auseinandersetzung geliefert.
„Eine Erhöhung der Trassenpreise in dieser Größenordnung ab 2026 bedeutet allein für NRW eine Zusatzbelastung im dreistelligen Millionenbereich“, warnte Krischer. Schon ohne Trassenpreiserhöhung sei das System defizitär. Krischer nannte es „ein Stück aus dem Bürokratie-Absurdistan“, wenn die Länder gewährte Bundeszuschüsse für den Betrieb des Schienenpersonennahverkehrs (Regionalisierungsmittel) postwendend wieder über erhöhte Trassenpreise an das Bundesunternehmen Bahn zurücküberweisen müssten.
NRW will neuen Infrastrukturfonds zur Bahnfinanzierung
Die Netztochter der Bahn, die Gesellschaft DB-Infrago, hatte zu Wochenbeginn Pläne veröffentlicht, die Trassenpreise für den Nahverkehr ab 2026 um 23,5 Prozent zu erhöhen. Krischer, der zurzeit Vorsitzender der Verkehrsministerkonferenz der 16 Länder ist, fordert dagegen ein neues Finanzierungsinstrument wie einen Infrastrukturfonds. „Das wird eines der zentralen Themen der Verkehrsministerkonferenz im Oktober sein“, kündigte der Grünen-Politiker an.
Das Verkehrsbündnis „Allianz pro Schiene“ bezeichnete die Pläne der Bundesregierung als „Irrweg“. Die Erhöhung des Eigenkapitals der Bahn sei ein „Brandbeschleuniger“ für steigenden Trassenpreise, sagte Sprecher Andreas Geißler. National Express teilte auf Nachfrage mit, es sei nicht auszuschließen, dass „eine Erhöhung der Trassenpreise Auswirkungen auf die Ticketpreise haben könnte.“ Das Bahnunternehmen befördert in NRW auf sieben Regionallinien 20 Millionen Zuggäste pro Jahr.
Der Bundesverband Schienennahverkehr (BSN), ein Zusammenschluss der Aufgabenträger aller 16 Bundesländer, zeigt sich angesichts der Pläne des Bundes entsetzt und fassungslos. „Es ist keine nachhaltige Politik, die Fahrgäste mit einem hochsubventionierten Deutschlandticket in ein völlig überlastetes System zu locken und dann im Regen stehen zu lassen“, erklärte BSN-Präsident Thomas Prechtl.