Düsseldorf. NRW spricht neuerdings Waffenverbote für zahlreiche polizeibekannte Gewalttäter aus. Jetzt zieht der Innenminister erstmals Bilanz.
Die neuen Waffentrageverbote für polizeibekannte Gewalttäter in Nordrhein-Westfalen scheinen sich gerade bei Heranwachsenden zu bewähren. „Vor allem durch die persönliche Ansprache und das Aufzeigen von Konsequenzen wird von einer hohen präventiven Wirkung ausgegangen“, erklärte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) in einer am Dienstag veröffentlichen Kleinen Anfrage der AfD-Landtagsfraktion.
Die Verbotsverfügungen müssen persönlich durch Polizisten überreicht und möglichst mit einer Gefährderansprache verbunden werden. Insbesondere bei Jugendlichen und Heranwachsenden würden Erziehungsberechtigte und Jugendkontaktbeamte eingebunden, so das Innenministerium.
Polizei Dortmund kennt 433 Kandidaten für ein Waffentrageverbot
Das Polizeipräsidium Dortmund hatte zuletzt als erste Behörde in NRW mit einer eigenen Task-Force insgesamt 433 potenzielle Gewalttäter identifiziert, die für ein Waffentrageverbot in Frage kommen, darunter allein 131 unter 21 Jahren. Mittlerweile wurden bereits 101 Anhörungsschreiben und 80 Verbotsverfügungen an Personen zugestellt, die in der Vergangenheit durch Straftaten mit Messern, Baseballschlägern oder anderen gefährlichen Gegenständen aufgefallen sind.
Reul hatte Waffentrageverbote vor einigen Wochen als „flankierende Maßnahme“ vorgestellt, um der wachsenden Messergefahr in NRW zu begegnen. Anders als in den landesweit vier „Waffenverbotszonen“ etwa in der Düsseldorfer Altstadt oder an Feier-Hotspots in Köln, in denen die Polizei größere Kontrollbefugnisse hat, werden Waffentrageverbote für den gesamten öffentlichen Raum individuell gegen potenziell gefährliche Personen ausgesprochen.
Messergewalt in NRW war 2023 drastisch angestiegen
Die Dortmunder Polizei hat in der vergangenen Woche bereits gegen vier Gewalttäter, die sich nicht ans Trageverbot gehalten haben und bei Kontrollen erwischt wurden, Zwangsgelder über jeweils 250 Euro verhängt. Im Wiederholungfall droht die Verdoppelung der Strafe. Auch die Bonner Polizei hat inzwischen Trageverbote gegen ein Dutzend junger Intensivtäter verhängt.
Zuletzt musste das Innenministerium eine dramatische Entwicklung bei Messerstraftaten in NRW bilanzieren. Demnach war die Zahl der Messerattacken 2023 gegenüber dem Vorjahr um fast 50 Prozent gestiegen. Die fast 5700 ermittelten Tatverdächtigen waren mehrheitlich jung, männlich und hatten überproportional häufig Migrationshintergrund.
Bei den mehr als 400 Dortmunder Prüffällen für das neue Waffentrageverbot konnte Reul jedoch auf AfD-Anfrage keine Angaben zur Staatsangehörigkeit der ins Visier genommenen Intensivtäter machen. Man nutze das Vorgangsbearbeitungssystems „Verfahren zur integrierten Vorgangsbearbeitung und Auskunft (ViVA)“, das keine Angaben zur Nationalität der Straftäter erfasse. Eine händische Auswertung sei mit vertretbarem Aufwand im Rahmen einer Parlamentsanfrage nicht möglich gewesen.