Düsseldorf. Der „grüne Hinterzimmer-Deal“ mit RWE zum zweifelhaften Kohleausstieg 2030 und die Folgen: NRW-FDP wehrt sich gegen Schwärzungen.
Im Streit um geschwärzte Akten zur nebulösen Verständigung zwischen der schwarz-grünen Landesregierung und dem Essener RWE-Konzern über einen um acht Jahre vorgezogenen Kohleausstieg Nordrhein-Westfalens hat FDP-Fraktionschef Henning Höne jetzt offiziell Widerspruch eingelegt.
In einem neunseitigen Schreiben an NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne), das unserer Redaktion vorliegt, fordert Höne die Offenlegung aller Umweltinformationen, die Grundlage einer Eckpunktevereinbarung zwischen Landesregierung und Unternehmen waren.
Kohleausstieg: Müssen Steuerzahler am Ende für grünen Deal aufkommen?
„Der Geheimnisschutz muss hier ausnahmsweise hinter eindeutig höher zu bewertenden Rechtsgütern der Allgemeinheit zurückstehen“, heißt es in dem Schreiben. Die Landesregierung hatte bestimmte Akten geschwärzt und auf personenbezogene Daten von Beteiligten des Kohle-Beschlusses verwiesen. Das hält Höne für nicht hinnehmbar wegen „der besonderen Relevanz, die der vorgezogene Kohleausstieg für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Industrie in NRW hat“.
Seit Wochen beschäftigt der „grüne Hinterzimmer-Deal“ von vor zwei Jahren die Landespolitik. Am 4. Oktober 2022 hatten sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, sein seinerzeitiger Staatssekretär Patrick Graichen, NRW-Wirtschaftsministerin Neubaur und NRW-Umweltminister Oliver Krischer (alle Grüne) praktisch im Alleingang mit dem Energieversorger auf einen bereits auf 2030 vorgezogenen Ausstieg aus der Kohleverstromung verständigt.
Grünen-Quartett wollte Kohle-Verhandlungen mit RWE geheim halten
Wie erst nachträglich herauskam, wurden die Verhandlungen bewusst an Parlament und Landeskabinett vorbeigeführt. Graichen, der später in der „Trauzeugen-Affäre“ zurücktreten musste, fasste schon am 22. September 2022 in einer Mail an Neubaur und Krischer den 4. Oktober als Verkündigungstermin für den vorgezogenen Kohleausstieg ins Auge. Der Habeck-Vertraute bat darum, den involvierten Personenkreis möglichst eng zu halten.
Kritiker vermuten, dass es den Spitzen-Grünen vor ihrem schwierigen Bundesparteitag am 14. Oktober 2022 vordringlich um einen verkaufbaren Erfolg ging. Dafür sei man dem RWE-Konzern, der sich ohnehin auf andere Geschäftsfelder als die Kohleverstromung verlegt hat, weit entgegengekommen.
Inzwischen bezweifeln immer mehr Experten, dass der Kohleausstieg bis 2030 überhaupt gelingen kann. Wasserstofffähige Gaskraftwerke, die Kohlekraftwerke als künftig staatlich subventionierte Rückfalloption für sonnen- und windarme Tage ablösen sollen, sind noch nicht in Sicht. Leitungsausbau und Speicheroptionen für erneuerbare Energien stocken ebenfalls.
Mittlerweile äußert sogar Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) Zweifel. Die Opposition im Landtag fürchtet, dass am Ende die Steuerzahler dafür aufkommen müssen, wenn RWE seine Kohlekraftwerke über 2030 hinaus laufen lassen soll.