Berlin. Wie gut schützen die alten Impfstoffe? Wann kommt das neue Vakzin? Welche Variante dominiert? Antworten auf die wichtigsten Fragen.

„Du fühlst dich krank? Dann mach lieber mal einen Test!“ So geht das jetzt wieder, in Familien, Büros und Betrieben. Corona ist wieder da, in diesem Sommer reicht es schon wieder für eine kleine Welle. Und nun? Schnell noch boostern – oder besser warten, bis die neuen Impfstoffe kommen? Die wichtigsten Antworten – und wem Experten jetzt eine Auffrischungsimpfung empfehlen.

Wie ist die Corona-Lage?

Seit Mitte Mai steigen die Infektionszahlen wieder sichtbar an. Sie liegen noch deutlich unter dem Niveau der Pandemie – doch der Trend ist eindeutig: Im neuesten Bericht des Robert-Koch-Instituts für die Woche bis zum 21. Juli heißt es: Sowohl die Zahl der gemeldeten Covid-19-Fälle als auch die Viruslast bei den bundesweiten Abwasserproben aus 104 Kläranlagen gehen nach oben. In der vergangenen Woche wurden dem RKI bislang 4594 laborbestätigte Covid-Fälle übermittelt, bei knapp jedem dritten Fall wurde der Patient im Krankenhaus behandelt. Knapp 200 Patientinnen und Patienten mussten laut Pandemie-Radar intensivmedizinisch behandelt werden, das entspricht einer Auslastung der Intensivbetten von rund einem Prozent. Auch dieser Wert ist in den vergangenen vier Wochen gestiegen. Das RKI zählte zudem mindestens 49 Todesfälle, bei denen eine Corona-Infektion vorlag, 96 Prozent der Verstorbenen waren 60 Jahre oder älter.

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Welche Corona-Varianten dominieren in Deutschland?

Aktuell ist in Deutschland die Omikron-Variante KP.3 als Sublinie von JN.1 vorherrschend. Ihr Anteil lag zuletzt bei 37 Prozent, der Anteil der Sublinie KP.3.1.1. bei 20 Prozent. Der Anteil der JN.1-Sublinie KP.2 liegt bei 17 Prozent. Das RKI sieht in den Daten aktuell keinen Grund für Alarmstimmung: „Die Zahl schwer verlaufender Atemwegsinfektionen bleibt insgesamt auf einem niedrigen Niveau.“ Corona-Erkrankungen würden vorwiegend bei älteren Patientinnen und Patienten diagnostiziert. Auch die Weltgesundheitsorganisation WHO stuft das Risiko der aktuell zirkulierenden Varianten und ihrer Sublinien für die öffentliche Gesundheit als gering ein.

Woher kommt die Corona-Sommerwelle?

Bereits Ende Juni prognostizierten Experten die neue Kurve: „Die Hinweise sind eindeutig: Es baut sich gerade eine Corona-Sommerwelle auf“, sagte Christian Karagiannidis, Leiter des Divi-Intensivregisters unserer Redaktion. Auch die Hausärzte bekommen die Welle zu spüren: „In unseren Praxen beobachten wir derzeit eine für diese Jahreszeit verhältnismäßig hohe Zahl an Atemwegserkrankungen“ sagt Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorsitzende des Bundesverbands der Hausärztinnen und Hausärzte. Die Zahl der Corona-Fälle habe zugenommen, bewege sich jedoch – gerade im Vergleich zu den Hochzeiten in Herbst und Winter – auf einem verhältnismäßig niedrigen Niveau. Das liege allerdings auch daran, dass viele Menschen mit milden Symptomen gar nicht mehr in die Praxen kämen und sich lieber zu Hause auskurierten. „Schwere Verläufe sind glücklicherweise die absolute Ausnahme.“

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Die Gründe für die steigenden Fallzahlen seien vielfältig: „Eine Rolle wird sicherlich spielen, dass die aktuell verstärkt zirkulierenden Varianten noch ansteckender sind. Außerdem kann der Reiseverkehr in der Ferienzeit erfahrungsgemäß eine Rolle spielen“, so die Medizinerin. Gleichzeitig gilt: Sind Schulen und Kitas geschlossen, kommt es zu weniger Ansteckungen.

Wie gut schützen die alten Corona-Impfstoffe?

Das kommt auf mehrere Faktoren an: „Die Impfstoffe schützen bekanntermaßen allem voran gegen schwere Verläufe – wobei die Wirksamkeit mit der Zeit abnimmt, was eine Auffrischungsimpfung für Risikopatientinnen und -patienten so wichtig macht“, sagt Buhlinger-Göpfarth. Die alten Impfstoffe sind allerdings nicht an die aktuellen Varianten angepasst – sie seien deswegen aber nicht unwirksam: „Es ist davon auszugehen, dass die derzeit zur Verfügung stehenden Impfstoffe auch gegen die aktuell zirkulierenden Varianten, insbesondere gegen schwere Verläufe gut schützen.“

Die Vorsitzende des Bundesverbands der Hausärztinnen und Hausärzte, Nicola Buhlinger-Göpfarth, sagt: „In unseren Praxen beobachten wir derzeit eine für diese Jahreszeit verhältnismäßig hohe Zahl an Atemwegserkrankungen.“ 
Die Vorsitzende des Bundesverbands der Hausärztinnen und Hausärzte, Nicola Buhlinger-Göpfarth, sagt: „In unseren Praxen beobachten wir derzeit eine für diese Jahreszeit verhältnismäßig hohe Zahl an Atemwegserkrankungen.“  © picture alliance/dpa | Hannes P Albert

Wann kommt der neue Corona-Impfstoff?

Deutschland setzt auch in diesem Herbst und Winter wieder auf die RNA-Vakzine von Biontech. Die neueste Generation der Impfstoffe ist an die Variante JN.1 angepasst. Von der kommenden Woche an (31. KW) sollen die Impfstoffe für alle Altersgruppen an die pharmazeutischen Großhandlungen ausgeliefert werden. Bis zum 6. August können Praxen und Kliniken die Dosen bei den Apotheken bestellen. Die Auslieferung soll laut Gesundheitsministerium ab dem 12. August beginnen.

Sollten sich jetzt alle eine Auffrischungsimpfung holen?

Eine pauschale Empfehlung für alle gibt es zurzeit nicht. „Die Hausärztinnen und Hausärzte orientieren sich an der Stiko-Empfehlung“, sagt Verbandschefin Buhlinger-Göpfarth. Das heißt: Menschen ab 60 Jahren sowie weitere Risikogruppen sollten sich im Herbst – am besten zusammen mit der Grippe-Impfung – eine Auffrischungsimpfung abholen. Dazu gehören Bewohner in Pflegeeinrichtungen, alle Menschen ab sechs Monaten mit relevanten Grundkrankheiten, Beschäftigte in Praxen, Kliniken und Pflegeheimen mit direktem Kontakt zu Patienten sowie Familienangehörige und enge Kontaktpersonen von Personen, die keinen ausreichenden Impfschutz aufbauen können. Bei denjenigen, die im laufenden Jahr bereits eine Corona-Infektion hatten, ist die Auffrischungsimpfung laut Stiko in der Regel nicht notwendig.

Das ist das eine. Das andere sind Menschen, die wegen ihrer Lebensumstände besonders gefährdet sind: „In der Abwägung kann es auch sinnvoll sein, Menschen, die noch keine 60 Jahre alt sind und keine Vorerkrankung haben, dennoch zu boostern, beispielsweise, weil sie in Jobs arbeiten, in denen sie sehr viel Kontakt zu anderen Menschen haben und deswegen ein erhöhtes Risiko aufweisen“, so die Hausärztechefin. Am Ende sei jede Impfung eine individuelle Entscheidung zwischen Arzt und Patient. Und, nicht zu vergessen: Wer bis heute keine Basisimmunität habe, sollte mit seiner Hausarztpraxis sprechen, für eine Impfung sei es nie zu spät.

Was muss passieren, damit die Impfkampagne in diesem Herbst gut läuft?

Für die Hausärzte ist die Antwort klar: „Entscheidend wird aus unserer Sicht sein, die Corona-Schutzimpfung zusammen mit der Grippe-Schutzimpfung zu denken.“ Die Gruppen, denen die Impfung empfohlen werde, seien sehr ähnlich. „Das Motto muss lauten: Zwei Pikse für einen sicheren Winter.“ Es spreche auch nichts dagegen, beide Impfungen an einem Termin durchzuführen. Noch besser wäre es, „wenn endlich ein Kombiimpfstoff zur Verfügung stehen würde“.