Berlin. Vor 80 Jahren scheiterte das Hitler-Attentat. Nachfahren der Widerstandskämpfer betonen die Bedeutung des 20. Juli für die Demokratie.
Es war ein vergeblicher Versuch: Vor 80 Jahren ließen Wehrmachtsoffiziere um Claus Graf von Stauffenberg im „Führerhauptquartier Wolfsschanze“ eine Bombe detonieren. Ihr Ziel war das Ende einer Diktatur, doch das Attentat misslang, Hitler überlebte, Stauffenberg wurde noch in der Nacht hingerichtet. Die Stiftung 20. Juli, in der Familienmitglieder der damaligen Widerstandskämpfer vertreten sind, wehrt sich nun anlässlich des Jahrestages gegen den Missbrauch des Begriffs „Widerstand“ von „linken, rechten und religiös motivierten Populisten und Extremisten“.
Unter den 650 Unterzeichnern sind 500 Angehörige der Widerstandskämpfer. Außerdem die drei ehemaligen Bundespräsidenten Horst Köhler, Christian Wulff und Joachim Gauck sowie die Verlegerin der FUNKE MEDIENGRUPPE, Julia Becker, zu der auch diese Redaktion gehört.
Das Manifest im Wortlaut mit allen Unterzeichnern: Warum der 20. Juli 1944 uns alle angeht
In dem Manifest wird die Bedeutung des Widerstands gegen die NS-Diktatur für das heutige Zusammenleben in Deutschland und Europa betont. 80 Jahre nach dem Attentat gehe es darum, die Demokratie zu stärken. Die Opposition gegen eine gewählte Regierung und gegen Mehrheitsentscheidungen innerhalb der rechtsstaatlichen Demokratie könne und dürfe nicht „mit Widerstand gegen eine totalitäre Diktatur gleichgesetzt oder verwechselt werden“, heißt es in dem Manifest. „Deshalb weisen wir den Versuch von rechten wie linken und auch von religiös motivierten Populisten und Extremisten zurück, den Begriff des Widerstandes gegen unsere freiheitliche Demokratie zu instrumentalisieren.“ Dieser Versuch widerspreche dem Ziel der Männer und Frauen des Widerstandes. „Sie leisteten Widerstand, um Rechtsstaatlichkeit und Freiheit wiederherzustellen.“
Stauffenberg und andere Widerständler „besaßen Mut zur Umkehr“
Die Widerständler von damals seien „keine makellosen Helden“ gewesen und nicht wenige hätten selbst Schuld auf sich geladen. „Doch sie besaßen den Mut zur Umkehr“, heißt es in dem Manifest. „Ihr Mut, selbstlos und in Einheit miteinander zu handeln, zeigt uns, wie wir heute Differenzen und neue, zunehmend unüberwindbar erscheinende Spaltungen in unserer Gesellschaft überwinden können.“
Die Autoren betonen, das Vermächtnis der Männer und Frauen werde lebendig, wenn wir Verantwortung in Staat und Gesellschaft übernähmen. „Rückzug in Pessimismus, Unmut, Politikverdrossenheit, Empörung und Einrichten in der Opferrolle schwächen die Demokratie. Sie lebt von unserem Engagement in Familie und Beruf, in Gemeinde und Vereinen, im Ehrenamt und im Hauptamt.“ Dazu gehöre es, für Streit und Dialog offen zu sein sowie Kompromisse auszuhandeln und auszuhalten.
„Wir leben in einem freien Land“, erläuterte die Kuratoriumsvorsitzende Valerie Riedesel zu Eisenbach, Enkelin des Widerstandskämpfers Cäsar von Hofacker, das Manifest. „Wir brauchen nicht unser Leben einzusetzen. Aber Engagement, Verantwortlichkeit, Zivilcourage, die Fähigkeit, eigene Überzeugungen zu hinterfragen und Gräben zu überwinden – das brauchen wir heute mehr denn je, um unsere Demokratie zu bewahren.“
Der Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Robert von Steinau-Steinrück, betonte, aktives und gesellschaftliches Engagement sei das Erbe des Widerstands. „Es ist das Fundament unserer Demokratie“, so der Enkel des Widerstandskämpfers Fritz Dietlof Graf von der Schulenburg. Jeder einzelne, heißt es dazu im Manifest, sei „für ein menschliches Miteinander in einem demokratischen, freiheitlichen Staat verantwortlich. (fmg)
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