Brüssel. .

Europa rüstet sich für drohende Staatspleiten mit einem dauerhaften Rettungsschirm. Dieser Krisenmechanismus ab Mitte 2013 ist Topthema beim zweitägigen Gipfeltreffen der 27 Staats- und Regierungschefs der EU-Länder.

Die Staaten beraten sich seit gestern in Brüssel. Für Europas Bürger bedeutet der Rettungsschirm nicht automatisch, dass ihre Steuergelder in taumelnde Staaten fließen. Denn vorgesehen sind Kredite, keine Bargeld-Schenkungen.

Die Grundzüge für die dau­erhaften Notfall-Maßnahmen stehen bereits seit Ende November fest. Details sollen in den nächsten Monaten ausgearbeitet werden. Der aktuelle Euro-Rettungsschirm, der im Frühjahr nach Griechenlands Schuldenkrise hastig eingerichtet wurde, wird Mitte 2013 zugeklappt. Unter ihn schlüpfte jüngst als erster und bisher einziger Euro-Staat das hoch verschuldete Irland.

Höhere Hürden

Der künftige, permanente Rettungsschirm soll verschuldete Mitgliedsländer abschrecken, zu leichtfertig Schutz zu suchen. Denn wer um Hilfe bittet, muss einen strengen Sparplan vorlegen und notfalls seine Wirtschafts- und Finanzpolitik kräftig umkrempeln. Das beschlossen die Wirtschafts- und Finanzminister der 16 EU-Länder, die den Euro eingeführt haben („Eurogruppe“), bereits Ende No­vember. Sie müssen zudem einstimmig beschließen, ei­nem Euro-Land zu helfen.

Tun sie das, passiert Folgendes: Über den Europäischen Stabilitätsmechanismus – so heißt der geplante Rettungsschirm offiziell – erhält der von der Pleite bedrohte Staat Kredit zu vergünstigten Bedingungen. Damit verschafft er sich Luft, seinen Zahlungsverpflichtungen, etwa für Renten- oder Sozialausgaben, weiter nachkommen zu können.

Normalerweise borgen sich Staaten Geld, indem sie Anleihen ausgeben. Diese Schuldverschreibungen verkaufen sie inklusive eines Zinsversprechens an den Finanzmärkten. Käufer sind unter anderem Banken, Versicherer, Pensionskassen oder Investmentfonds. Diese wollen das Geld ihrer Kunden möglichst ge­winnbringend anlegen. Sorgen sich diese potenziellen Käufer aber um die Zahlungsfähigkeit eines Landes, zögern sie, neue Anleihen zu erwerben. Dann muss ein Land hö­here Zinsen zahlen.

Verzicht auf Zinsen

Die Anleihen-Käufer, also die privaten Gläubiger, haften ab Mitte 2013 unter Umständen ebenfalls mit, falls ein pleitebedrohtes Land um Hilfe bittet. Der neue Krisenmechanismus sieht hier eine Entscheidung „von Fall zu Fall“ vor.

Braucht ein Euro-Land Hilfe, weil es vorübergehende Zahlungsschwierigkeiten hat, sollen die privaten Gläubiger ermutigt werden, vorübergehend zum Beispiel auf Anleihe-Zinsen zu verzichten. Das würde dem strauchelnden Staat Luft verschaffen.

Anders sieht es aus, wenn das Land von der Zahlungsunfähigkeit bedroht ist. In diesem Fall sieht der neue Krisenmechanismus vor, dass das Schuldnerland mit seinen privaten Gläubigern einen umfassenden Umbauplan aushandelt. Das hätte indirekt Auswirkungen auf europäische Bürger. Denn eventuell müssen Banken oder Versicherer, die Staatsanleihen gekauft ha­ben, auf einen Teil der Zins- oder Schuldenrückzahlungen verzichten. Das würde bedeuten, dass ein Teil ihrer Kundengelder verloren geht.

Ob ein kriselnder Staat „nur“ vorübergehende Zahlungsprobleme hat oder nicht, überprüfen die EU-Kommission und der Internationale Währungsfonds IWF mit der Europäischen Zentralbank.