Düsseldorf. Seit zwölf Jahren müht sich NRW, muslimischen Kindern eine Alternative zur „Hinterhofmoschee“ zu bieten. Ist damit bald Schluss?
Die FDP-Opposition im Landtag hat nach zwölf Jahren die Abschaffung des islamischen Religionsunterrichts in Nordrhein-Westfalen gefordert. „Eine gute Idee ist in der jetzigen Form gescheitert“, sagte Fraktionschef Henning Höne am Montag in Düsseldorf.
Die Liberalen begründen den Schritt mit Zweifeln an der demokratischen Zuverlässigkeit einiger Lehrkräfte und mit Akzeptanzproblemen in vielen muslimischen Elternhäusern. Man müsse sehr vorsichtig sein, wenn man „eine staatliche Legitimation“ für Inhalte hergebe, die nicht „mehr auf dem Boden dessen stehen, was unser Grundgesetz so vorgibt“, erklärte Höne.
Studie der Universität Münster hatte Fundamentalismus unter Islamlehrern abgefragt
Die Liberalen ziehen damit die Konsequenzen aus der jüngsten Umfrage von Islamexperten der Universität Münster, die unter anderem fundamentalistische Einstellungen von Schulkindern und Lehrkräften abgefragt hatten. Der umstrittenen Studie zufolge sollen extremistische und judenfeindliche Einstellungen unter angehenden islamischen Religionslehrern in Deutschland verbreitet sein.
Höne hob außerdem darauf ab, dass bislang nur etwa sechs Prozent der rund 500.000 muslimischen Kinder in NRW überhaupt an dem Islamunterricht teilnähmen. Schulleitungen sähen das Angebot skeptisch, weil es schwierig sei, qualifizierte Lehrkräfte zu bekommen. Fundamentalistisch geprägte Eltern meldeten ihre Kinder wiederum bewusst vom Islamunterricht ab, weil sie ihn als „zu liberal“ empfänden.
Höne forderte die Einführung des verpflichtenden Fachs „Ethik“ für alle Kinder, die nicht an einem konfessionsgebundenen Religionsunterricht teilnehmen. So ließe sich der Einfluss konservativer Islamverbände minimieren und extremistische Tendenzen bei Kindern frühzeitig bekämpfen. Man müsse sich die Zeit nehmen, den islamischen Religionsunterricht vollständig neu zu konzipieren. „Im laufenden Betrieb funktioniert das nicht“, so der FDP-Politiker.
Neues Pflichtfach Ethik für alle Schüler ohne Konfessionsunterricht vorgeschlagen
Eine Landtagsmehrheit für die Abschaffung zeichnet sich aber bislang nicht ab. CDU und Grüne haben in ihrem Koalitionsvertrag zwar eingeräumt, dass der Anteil der nicht religiös gebundenen Schüler in NRW wächst. Sie wollen jedoch den islamischen Religionsunterricht auf der bestehenden Grundlage weiter ausbauen und insbesondere mit progressiven Verbänden weiterentwickeln.
NRW hatte 2012 zunächst mit einem achtköpfigen Beirat den islamischen Religionsunterricht an einigen Schulen eingeführt. Davon versprach man sich, die religiöse Unterweisung von Kindern aus „Hinterhofmoscheen“ zu holen. Ab 2021 übernahm dann eine Kommission mit Vertretern von sechs einflussreichen muslimischen Verbänden für das Schulministerium die inhaltliche Konzeption und durfte auch die Lehrerlaubnis an Pädagogen vergeben. Anders als beim christlichen Konfessionsunterricht gibt es im Islam für das Land keinen einheitlichen Ansprechpartner.