Düsseldorf.
Die bundesweit geplante Ausweitung des Jugendschutzes im Internet hat im Düsseldorfer Landtag zu politischen Zerwürfnissen geführt.
Erstmals seit Jahrzehnten wird NRW einen zwischen allen Bundesländern geschlossenen Staatsvertrag nicht verabschieden. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihre Stellvertreterin Sylvia Löhrmann (Grüne) kündigten gestern an, die zum 1. Januar 2011 geplante Reform des Jugendmedienschutzes scheitern zu lassen. Als Grund nannten sie das Verhalten von CDU und FDP. Die bis zum Sommer amtierende schwarz-gelbe Vorgängerregierung hatte eine Alterskennzeichnung von Internet-Inhalten auf Ministerpräsidenten-Ebene selbst verabredet, will aber nun dagegen stimmen. SPD und Grüne würden deshalb nicht den Kopf für einen Vertrag hinhalten, den sie allenfalls aus „staatspolitischer Verantwortung“ mitgetragen hätten, sagte Kraft. Sie sei „fassungslos“ über die CDU, die zum „politischen Geisterfahrer“ werde.
Der frühere Medienminister Andreas Krautscheid (CDU) verteidigte dagegen den Rückzieher seiner Partei. Im Laufe des Anhörungsverfahrens seien Schwachstellen des Staatsvertrages deutlich geworden, die nachgebessert werden müssten. So sei die Software, die künftig Jugendliche vor ungeeigneten Internet-Seiten schützen soll, nicht rechtzeitig entwickelt worden. Zudem bestünde Rechtsunsicherheit für Internet-Anbieter. Die rot-grüne Minderheitsregierung habe offenbar darauf gesetzt, dass die CDU die Abstimmungsmehrheit sichere und so Unstimmigkeiten innerhalb der Regierungsfraktionen überdecke. Nun solle von der drohenden „Blamage“ abgelenkt werden, so Krautscheid.
Rot-Grün verfügt über keine eigene Mehrheit und ist auf Zustimmung oder Enthaltung anderer Fraktionen angewiesen. NRW gehörte zu den letzten Ländern, deren Parlamente den Staatsvertrag noch absegnen mussten. Zu Wochenbeginn hatte Medienministerin Angelica Schwall-Düren (SPD) in der WR um Zustimmung zum Internet-Jugendschutz geworben. Von Zensur könne keine Rede sein. Nach Amokläufen an verschiedenen deutschen Schulen hatten sich die Bundesländer einhellig für neue „Schund-Filter“ im Internet ausgesprochen, die für besorgte Eltern abrufbar sein sollten.