Hagen/Olpe/Arnsberg..
„Ich bin überrascht über diese politische Äußerung“, sagt Norbert Schoop, Geschäftsführer des Katholischen Krankenhauses Hagen - und das ist noch die positivste Aussage, die aus der Praxis zu bekommen ist über die Forderung des CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn, in allen deutschen Kliniken nur noch Zweibettzimmer zu vergeben.
„Unrealistisch“, „purer Wahlkampf“, „zu kurzfristig gedacht“, „die Dinge falsch verknüpft“, „Verkennung der Tatsachen“ - das sind ansonsten die Urteile zu den Äußerungen des gesundheitspolitischen Sprechers der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Der 30-Jährige hatte erklärt, Kassenpatienten müssten häufig noch zu viert in einem Zimmer liegen: „Das wird den Bedürfnissen der Menschen einfach nicht mehr gerecht, das ist etwa für einen Krebskranken eine ziemliche Zumutung.“ Spahn sieht in den Kliniken genügend Platz vorhanden, da die Dauer des durchschnittlichen Aufenthalts in den vergangenen zehn Jahren deutlich gesunken sei: „Die meisten Krankenhäuser könnten ohne Probleme auf Zweibettzimmer umstellen.“
Wolfgang Nolte, Geschäftsführer der Katholischen Hospitalgesellschaft Südwestfalen, die das St. Martinus Hospital in Olpe und das St. Josefs Hospital in Lennestadt betreibt,hat dagegen zwei Argumente: „Die Verweildauer der Patienten ist tatsächlich geringer geworden, aber dafür ist die Fallzahl gestiegen. Deshalb sind wir gut belegt.“ Und außerdem gebe es schon jetzt so gut wie keine Vier-Bett-Zimmer mehr.
Das bestätigt Walter Scheiwe, Geschäftsführer des Marienhospitals in Arnsberg: „Wir haben nur noch zwei Vierbettzimmer im Haus. Und in ein solches würden wie nie einen Krebspatienten legen.“ Zweibettzimmer für alle seien zwar eine schöne Idee, aber wer sie äußert, „muss auch sagen, wie das finanziert werden soll.“
„Dreibettzimmer sind heute die Regelleistung“, sagt Schoop, sie machen den größten Anteil aus. Doppelzimmer sind für die Kliniken aber auch attraktiv, weil sie dafür Zuschläge nehmen können. Das sind um die 45 Euro (plus zusätzliche Gebühren für sogenannte Komfortleistungen). Und die würden von den privaten Zusatzkassen sicherlich nicht mehr bezahlt, wenn diese Leistung Standard für alle wäre. Doch diese Zuschläge tragen einen, so Schoop, „nicht unerheblichen Anteil zu den Jahreserlösen bei: Das ist eine Form der Quer-Subventionierung, wie sie auch in anderen Bereichen üblich ist.“ Was da wegfalle, müsste von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen werden. Schoop: „Das Gesundheitssystem ist wie ein Mikado-Spiel: Wer ein Stäbchen herauszieht, kann vieles ins Rollen bringen.“
Zurückhaltend reagierten auch die gesetzlichen Krankenkassen auf Spahns Vorstoß: Um die Versorgung der Menschen zu verbessern, sei vor allem mehr Wettbewerb unter den Krankenhäusern nötig“, erklärte der GKV-Spitzenverband. „Wenn dadurch die Patienten auch noch ohne Mehrkosten besser untergebracht werden, dann ist dies zu begrüßen.“ Ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums sagte lediglich, die Vorschläge Spahns würden „zur Kenntnis genommen“.
Walter Scheiwe ist da weniger diplomatisch: „Diese jungen Politiker sollten lieber erst drei oder vier Jahre im Gesundheitssystem arbeiten, bevor sie so daherreden.“ Und Wolfgang Nolte glaubt nicht, dass langfristig weniger Krankenhausbetten gebraucht würden: „Das ist eine Frage der Demografie. Die Menschen werden immer älter und somit auch kränker. Und ob die kürzere Verweildauer dann noch zu halten ist, scheint mir sehr fraglich.“