Düsseldorf.. Der Umweltminister hat einen zahmen „Klimaschutzplan NRW“ vorgelegt: Keine scharfen Auflagen für Verbraucher, keine Erschwernisse für die Wirtschaft.
Johannes Remmel hob entschuldigend die Hände: „Tut mir leid, dass ich die Erwartungen nicht erfülle“, sagte der NRW-Umweltminister mit angestrengter Ironie. Der 52-jährige Grünen-Politiker hatte soeben den seit Jahren hitzig diskutierten „Klimaschutzplan NRW“ vorgelegt, ein 271 Seiten starkes Werk, das als konkreter Maßnahmenkatalog zum Erreichen der ehrgeizigen Treibhausgas-Minderungsziele in NRW angekündigt war. Die Landtagsopposition hatte Remmel sogar als „Klima-Taliban“ diffamiert, der die De-Industrialisierung im Schilde führe. Und nun das.
Das Kabinett von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) beschloss einen „Klimaschutzplan“, der zwar 224 Einzelprojekte auflistet und das 2013 verabschiedete Klimaschutzgesetz mit Leben füllen soll. Doch von Zwangsmaßnahmen, neuen Grenzwerten oder sonstigen ökologischen Beschwernissen für Wirtschaft und Verbraucher keine Spur mehr.
Wirkliche Zähne hat Remmels Papiertiger nicht
Auf Seite 36 findet sich sogar schwarz auf weiß ein ziemlich entwaffnender Satz: „Die Landesregierung beabsichtigt in dieser Legislaturperiode nicht, Teile des Klimaschutzplanes für rechtsverbindlich zu erklären.“
Mit anderen Worten: Rot-Grün wirbt zwar für 100 neue Klimagenossenschaften, die Verdoppelung der Solardächer in NRW oder für mehr Radwege und 25 Prozent Kraft-Wärme-Kopplung – doch wirkliche Zähne hat Remmels Papiertiger nicht.
"Wir wollten motivieren"
„Ich habe immer gesagt, dass wir einen Einladungsprozess machen. Wir wollen keine neuen Vorgaben, sondern motivieren“, verteidigte sich der Umweltminister. Man setze darauf, dass die 18 Millionen Einwohner in NRW durch die Kraft des guten Beispiels zu „18 Millionen Klimagenossen“ würden.
Bis 2017 werde man sehen, ob sich Strategien und Maßnahmen auch ohne Rechtsverbindlichkeit bewährten, so Remmel. Das Klimaschutzgesetz lasse ausdrücklich die Option, zu einem späteren Zeitpunkt rechtsverbindliche Maßnahmen zu ergreifen.
NRW mit ehrgeizigen Zielen
NRW hat sich verpflichtet, den Treibhausgas-Ausstoß (CO2) bis 2020 um mindestens 25 Prozent und bis 2050 um mindestens 80 Prozent gegenüber dem Ausgangsjahr 1990 zu reduzieren. Zurzeit liegt das wichtigste Energie- und Industrieland laut Umweltministerium bei etwa 16 Prozent CO2-Minderung. Mit Klimaschutzgesetz und -plan wollte NRW bundesweit eine Vorbildfunktion einnehmen.
Von den lange befürchteten finanziellen Belastungen für Bürger und Unternehmen ist plötzlich keine Rede mehr. „Ich sehe keine“, sagte Remmel klipp und klar. Es gebe auch keine zusätzlichen Lasten für den Landeshaushalt. Allerdings wendet das Land innerhalb von drei Jahren etwa eine Milliarde Euro auf, um die Idee verschiedener Klimaschutz-Projekte ins Land zu tragen. Es gehe um Förderung und Beratung, so das Ministerium.
Landtag muss noch zustimmen
Große Wohnungsgenossenschaften sollen motiviert werden, Solarplatten auf die Dächer zu schrauben. Bürger sollen die finanziellen Vorteile einer neuen Heizungspumpe erkennen, Kommunen den kostensparenden Effekt neuer Straßenbeleuchtungen verinnerlichen. Bei anderen Maßnahmen wie der Forderung nach mehr steuerlicher Förderung für energetische Gebäudesanierung liegt der Schlüssel ohnehin in Berlin.
Der Landtag muss dem Klimaschutzplan nun noch zustimmen, was allerdings wegen der Unverbindlichkeit des Katalogs aus Förderprogrammen, Initiativen und Modellversuchen auch bei der SPD nur noch als Formsache gilt. Bei möglichen konkreten rechtlichen Maßnahmen nach 2017 behielten die dann gewählten Abgeordneten immer das letzte Wort.