Essen. Rom erweitert Möglichkeiten für die alte lateinische Messe. Liturgiewissenschaftler kritisieren den Vorstoß heftig.
. Der Vatikan kommt den traditionalistischen Katholiken noch einmal weit entgegen. Er stärkt die Rechte der Anhänger der alten lateinischen Messe. In einer neuen Richtlinie (Universae Ecclesiae) werden die Möglichkeiten für diese alte Feier, der so genannten Tridentinischen Messe, ausgeweitet.
Papst Benedikt XVI. hatte den alten Ritus bereits 2007 als Sonderform zugelassen. Doch in dem neuen Erlass heißt es, dass jetzt jeder Gruppe, die das wünscht, die alte Liturgie angeboten werden müsse. Eine Mindestanzahl von Gläubigen gibt es nicht. Das Dokument der Kommission „Ecclesia Dei“ geht auch auf die Priesterausbildung ein. Sie müsse so organisiert werden, dass jeder Priester die alte Messe im Repertoire hat. Neu ist auch, dass Kinder im lateinischen Ritus gefirmt werden dürfen.
Allerdings macht der Vatikan eine Einschränkung. Sie zielt auf die erz-traditionalistische Pius-Bruderschaft. Sie lehnt die übliche Messe in deutscher Sprache ab und erkennt auch das Papstamt samt Zweitem Vatikanischen Konzil nicht an. In dem Papier heißt es: Wer die moderne Messe ablehnt und den Papst nicht anerkennt, darf die alte Messe nicht feiern.
Problemfall Piusbrüder
Der Vatikan hatte die Exkommunikation der Pius-Brüder vor zwei Jahren aufgehoben. Dabei war es zum Eklat gekommen, weil einer ihrer Bischöfe den Holocaust leugnet. Zur Zeit verhandelt Rom mit ihnen über Streitfragen, die eine volle Aufnahme bisher verhindern. Sie könnten nun in Zugzwang geraten.
Rom begründet den Vorstoß mit wachsendem Interesse an der alten Messe. Im Ruhrbistum jedoch, so deren Sprecher Ulrich Lota, sei der Wunsch danach „sehr begrenzt“.
„Einseitige Orientierung an das rechte Spektrum“
Liturgiewissenschaftler jedoch kritisieren das Schreiben aus Rom heftig. „Es ist eine einseitige Orientierung auf das rechte Spektrum“, erklärt Albert Gerhards, Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität Bonn. „Andere Mitglieder der Kirche fühlen sich dadurch ausgestoßen und abgestoßen“, sagte er der WAZ.
Und dass künftig selbst Kleinstgruppen den alten Messritus verlangen könnten, empfindet er angesichts des Priestermangels als problematisch. „Die Frage wird jetzt ad absurdum geführt.“ Als gravierend beurteilt er, dass zwei ganz unterschiedliche Formen des Gottesdienstes mit ganz unterschiedlichen Traditionen gleichberechtigt nebeneinander stehen. „Das hat es in der Kirchengeschichte noch nie gegeben. Das ist unerhört.“