Düsseldorf/Hagen.. NRW erhöht nach dem Leiharbeits-Skandal um den Online-Händler Amazon den Druck für einen gesetzlichen Mindestlohn und faire Beschäftigungsverhältnisse. Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) fordert anständige Löhne für gute Arbeit.

Dass tausende Menschen bei Amazon mit Minilöhnen bezahlt und „kaserniert“ worden seien, könne nicht akzeptiert werden, sagte Arbeitsminister Guntram Schneider (SPD) im Landtag. Die Landesregierung beschloss eine neue Bundesratsinitiative zur Einführung einer Lohnuntergrenze von 8,50 Euro pro Stunde. Zudem plant die Koalition ab April bis zu 20 „Marktwirtschaftsgespräche“ auf Marktplätzen, um Bürger über ihre Rechte zu informieren. 300 000 der 1,7 Millionen Minijobber in NRW seien trotz Arbeit auf Hartz IV angewiesen, klagte Schneider.

Ein Bündnis von Gewerkschaften, Unternehmern und Künstlern unterstützt die Kampagne für faire Löhne. „Wir wollen Leiharbeit und Minijobs nicht abschaffen. Es geht um die Durchsetzung auskömmlicher Löhne“, sagte Schneider. Die Mängelliste ist lang. 40 Prozent der Minijobber erhalten trotz eines Anspruchs keinen bezahlten Urlaub. Jeder fünfte Arbeitnehmer arbeitet bereits im Niedriglohnbereich: Viele Niedriglöhner wissen aber nicht, dass sie ein Anrecht auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall haben. DGB-Landeschef Andreas Meyer-Lauber stellte fest: „Schlechte Arbeit ist auf dem Vormarsch. 30 Prozent der Einzahler in die Rentenversicherung erhalten später keine Rente über der Grundsicherung.“

Der Hagener Unternehmer Hans-Toni Junius („Wälzholz“) warnte davor, von einzelnen Schwarzen Schafen auf das Gros der Unternehmer zu schließen. Der Arnsberger Dachdeckermeister Willy Hesse hält es für selbstverständlich, dass seine 20 Mitarbeiter ordentlich bezahlt werden. Auch Minister Schneider will die Unternehmer „nicht an den Pranger stellen“. Ziel sei es aber, „Ordnung auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen“. Leiharbeit dürfe nicht missbraucht werden, um feste Arbeitsplätze abzubauen. Deshalb müssten auch die 200 000 Leiharbeiter in NRW das gleiche Gehalt bekommen wie festangestellte Mitarbeiter.

Zahlt die Landesregierung etwa noch weniger als Amazon?

Der WDR-Sportreporter Manni Breuckmann wird einen Teil der „Marktwirtschaftsgespräche“ moderieren, um Bürger für das Thema „faire Löhne“ zu sensibilisieren. Über 80 Prozent der Bürger wollen einen allgemein gültigen Mindestlohn. Derzeit prüft NRW, ob die in Hessen entdeckten „Auswüchse beim Online-Anbieter Amazon“ mit Dumpinglöhnen und unfairen Arbeitsbedingungen auch in NRW aktuell sind.

Die Piratenpartei im Landtag kritisierte, dass die Landesregierung bei Nacht- und Sonntagszuschlägen für Landesbedienstete Amazon sogar unterbieten würde. Nur 2,92 Euro pro Stunde erhalte ein Landesbeamter, zitierte der Abgeordnete Dirk Schatz aus der Antwort auf eine Kleine Anfrage. Bei Arbeitszeiten zwischen 20 Uhr und 6 Uhr morgens erhielten Beamte sogar nur 1,28 Euro extra pro Stunde. Amazon zahle hingegen Zuschläge von 75 bis 125 Prozent an Sonn- und Feiertagen.