Berlin..
Kurz vor dem Deutschland-Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan entfacht die Debatte um einen EU-Beitritt der Türkei erneut. Die Türkische Gemeinde erwartet von Merkel eine deutliche Botschaft.
Der Deutschland-Besuch des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan heizt die Debatte über einen EU-Beitritt der Türkei an. Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, forderte am Freitag von der Bundesregierung ein klares Eintreten für die Aufnahme der Türkei. Ein entsprechendes „Signal“ sollte von dem Treffen von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) mit Erdogan am Samstag in Berlin ausgehen, sagte Kolat. Er fügte hinzu: „Es ist im nationalen Interesse Deutschlands, einen EU-Beitritt der Türkei zu forcieren.“
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte dagegen: „Ich lehne eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU rundweg ab.“ Dies sei auch „die klare Position von CDU und CSU“. Herrmann fügte hinzu: „Mit einer privilegierten Partnerschaft wäre beiden Seiten mehr gedient als mit dem unrealistischen Versprechen an die Türkei, irgendwann in die EU eintreten zu können.“
CSU strikt dagegen
Bundespräsident Christian Wulff hatte vor einigen Tagen „faire Verhandlungen“ über einen möglichen EU-Beitritt der Türkei angemahnt. Die Gespräche müssten ergebnisoffen geführt werden.
Herrmann sagte nun: „Es gibt in keinem EU-Land eine Mehrheit für die Aufnahme der Türkei. Europa wäre damit überfordert - und die Türkei ist dazu noch weniger in der Lage.“ Der CSU-Politiker verwies darauf, „dass die säkularen Kräfte in der Türkei immer mehr zurückgedrängt werden“. Er mahnte: „Uns muss klar sein, was das für die Beitrittsfrage bedeutet. Die Befürworter einer Aufnahme der Türkei müssen sich endlich von der Illusion verabschieden, dass Europa so den Islam „verwestlichen“ könnte.“
Kolat sagte, eine privilegierte Partnerschaft reiche nicht aus. Die EU-Beitrittsgespräche dürften nicht mit dem Ziel geführt werden, eine Aufnahme der Türkei scheitern zu lassen. Vielmehr müsse es einen Beitritt geben, wenn das Land die Voraussetzungen dafür erfülle. Für diesen Schritt sollte jetzt ein bestimmtes Datum ins Auge gefasst werden.
Türken regen regelmäßige Treffen an
Kolat verwies unter anderem auf die Bedeutung der Türkei für die Energieversorgung Europas. Das Land sei ein „wichtiger Faktor“ für die Zukunft Deutschlands. Er fügte hinzu: „Und entsprechend sollte die Türkei behandelt werden.“
Kolat regte zudem eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Berlin und Ankara an. Er schlug vor, dass sich die beiden Kabinette künftig zwei Mal pro Jahr treffen - einmal in der Türkei und einmal in Deutschland. Regelmäßige Kontakte seien wichtig für das gegenseitige Verständnis.
Merkel wird Erdogan am Samstag im Kanzleramt empfangen. Themen des Gesprächs sollen unter anderem die deutsch-türkischen Beziehungen und sicherheitspolitische Fragen sein. Bereits am Freitagabend werden Merkel und Erdogan gemeinsam das Fußballspiel zwischen Deutschland und der Türkei im Olympiastadion besuchen. (dapd)