Berlin. Mietrecht, Zugewinnausgleich, Namensrecht bei Stiefkindadoptionen oder Polygamie - homosexuelle Paare sollen heterosexuellen Eheleuten gleichgestellt werden. Ein Gesetzentwurf des Justizministeriums sieht 40 Angleichungen vor. Die FDP erwartet eine Zustimmung der Union. Kritik kommt von den Grünen.

In der Debatte über die Gleichstellung homosexueller Paare geht das Bundesjustizministerium in die Offensive. Ein Gesetzentwurf von Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht für Homo-Ehen 40 gesetzgeberische Angleichungen vor - vom Zivil- und Strafrecht über den Infektionsschutz bis hin zum Kindergeldgesetz. Dem Gesetzentwurf zufolge handelt es sich dabei vor allem um redaktionelle und sprachliche Anpassungen, indem etwa nach dem Wort "Ehegatte" die Wörter "oder Lebenspartner" eingefügt werden.

Wesentliche Änderungen betreffen das Mietrecht: Beim Tod eines Lebenspartners gab es in der Vergangenheit häufig große Probleme, das Mietverhältnis weiterzuführen. Nun soll der überlebende Lebenspartner vorrangig in den Mietvertrag einsteigen können und wird so einem Ehegatten in derselben Situation gleichgestellt.

Auch sollen Ansprüche des Lebenspartners auf Zugewinnausgleich nach dem Ende der Beziehung genauso wie die eines Ehegatten nur beschränkt pfändbar sein.

Kritik von den Grünen

Im Rahmen der Stiefkindadoption wird das Namensrecht vollständig angepasst. Bislang besteht bei Kindern in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft keine Möglichkeit, dass sie bei einer nachträglichen Namensänderung den gemeinsamen Familiennamen tragen. So wie die polygame "Doppelehe" soll künftig zudem auch die "doppelte Lebenspartnerschaft" unter Strafe gestellt werden.

Hintergrund des an sämtliche Ministerin versendeten Gesetzentwurfs ist, dass das Bundesverfassungsgericht mehrfach die Gleichstellung von Ehe und Lebenspartnerschaft angemahnt hat.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) rechnet nun fest mit einer Unterstützung der Union für den neuen Gesetzentwurf zur Homo-Ehe. Sie glaube, "dass dieser Referentenentwurf nicht auf große Kritik stoßen kann", sagte die Ministerin am Mittwoch in Berlin. Das Papier sei "nicht sehr streitbefangen" und berühre "nicht die ganz brisanten rechtspolitischen Themen" wie Adoptions- und Steuerrecht. 

Kritik kam von den Grünen. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Fraktion, Volker Beck, sprach von einer "Fleißarbeit ohne gesellschaftspolitischen Anspruch". "Das ist keine Gleichstellung, sondern einer Liste redaktioneller und längst überfälliger Änderungen."

Ehegattensplitting und Adoptionsrecht ausgeklammert

Ausgeklammert ist in der Vorlage - wie die Justizministerin selbst zugibt - der Streitpunkt darüber, ob das Ehegattensplitting im Steuerrecht auf gleichgeschlechtliche Partnerschaften ausgedehnt werden soll. Auch das von Leutheusser-Schnarrenberger geforderte volle Adoptionsrecht für Homo-Paare ist nicht enthalten.

Grünen-Politiker Beck monierte weiter, wer nicht über Adoptionsrecht und Ehegattensplitting für Homosexuelle sprechen wolle, dürfe das auch nicht Gleichstellung nennen.

Der Entwurf lässt auch noch Debatten innerhalb der schwarz-gelben Koalition erwarten. Denn vor allem konservative Kreise in der Union pochen immer wieder auf die Exklusivität von Ehe und Familie und die besonderen Schutzrechte des Staates.

"Überfälliger Schritt"

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes begrüßt den Plan des Justizministeriums, homosexuelle Lebenspartner in den Formulierungen vieler Gesetze Eheleuten gleichzustellen. "Das ist ein überfälliger und wichtiger Schritt auf dem Weg zur Öffnung der Ehe für Lesben und Schwule", sagte die Leiterin Christine Lüders am Mittwoch in Berlin.

Lüders mahnte zugleich zu weiteren Anstrengungen. Um eine völlige Gleichstellung auch im Einkommenssteuer- und im Adoptionsrecht zu erreichen, sei es sinnvoll, die Ehe grundsätzlich für Lesben und Schwulen zu öffnen, sagte Lüders: "Die Ehe zweiter Klasse ist einfach nicht mehr zeitgemäß." Viele Länder hätten die Ehe für Lesben und Schwule bereits eingeführt, darunter Portugal, Spanien, die Niederlande, Belgien, Schweden, Norwegen, Südafrika und Argentinien. (rtr/dapd)