Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel gerät in der Späh-Affäre um den US-Geheimdienst NSA zunehmend unter Druck. SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück warf ihr den Bruch ihres Amtseids vor. Der Bundestag müsse nun prüfen, inwieweit es Pflichtversäumnisse oder sogar Grundgesetzverletzungen im Kanzleramt gegeben habe.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wirft Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor, in der Abhöraffäre ihren Amtseid verletzt zu haben. Steinbrück sagte der "Bild am Sonntag": "Frau Merkel hat als Kanzlerin den Amtseid geschworen, Schaden vom deutschen Volke abzuwenden. Jetzt kommt heraus, dass Grundrechte der deutschen Bürger massiv verletzt wurden. Also: Schaden vom Volke abzuwenden - das stelle ich mir anders vor. Jeden Monat wurden 500 Millionen persönliche Verbindungsdaten von uns abgesaugt."
Zur Begründung führte Steinbrück an, der Bundesnachrichtendienst (BND) habe wissen können, dass Grundrechte in Deutschland verletzt wurden. Der Geheimdienst werde schließlich vom Kanzleramt koordiniert.
Der SPD-Politiker forderte eine Untersuchung der Affäre durch den Bundestag. Es solle geprüft werden, ob es Pflichtversäumnisse oder gar Grundgesetzverletzungen aus dem Kanzleramt gegeben hat. "Unter Frau Merkel und ihrem Geheimdienstkoordinator Ronald Pofalla ist ein riesiger Schaden fürs deutsche Volk entstanden."
Union weist Vorwürfe als absurd zurück
Der Parlamentarische Geschäftsführer der Unions-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, wies Steinbrücks Vorwürfe als absurd zurück. "Jedes Kind weiß, dass eine Bundeskanzlerin nicht für die Geheimdienste anderer Länder zuständig ist", sagte er. "Nur Herr Steinbrück braucht da offenbar noch Nachhilfe."
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hatte nach seinen Gesprächen in Washington die Ausspähung der internationalen Kommunikation durch die NSA verteidigt. Dadurch seien weltweit 45 Anschläge verhindert worden, fünf davon in Deutschland, sagte er in Interviews von ARD und ZDF.
Alle Geheimdienste der Welt, auch der Bundesnachrichtendienst, arbeiteten mit ähnlichen Programmen. Die US-Regierung habe ihm aber versichert, dass sie keine Wirtschaftsspionage gegen deutsche Unternehmen betreibe. (dpa/reuters)