Berlin/Dortmund..
Die Mehrheit der Deutschen wäre bereit, mehr Steuern zu bezahlen, um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen. Wie eine Umfrage im Auftrag des Deutschen Kinderhilfswerks zeigt, fordern die Bundesbürger von der Politik zudem deutlich mehr Einsatz für einkommensschwache Familien. Höhere Geld-Leistungen seien gut, noch besser aber sei mehr Teilhabe - zum Beispiel kostenlose Schulbücher, kostenfreies Mittagessen in Kitas und Schulen und Gratis-Tickets fürs Schwimmbad.
Das Kinderhilfswerk geht derzeit von rund 2,8 Millionen Kindern und Jugendlichen aus, die unter der Armutsgrenze leben - das ist jeder fünfte Heranwachsende. Nicht nur Kinder von Hartz-IV-Beziehern gehören dazu, sondern auch Kinder von Geringverdienern, von nicht-erwerbsfähigen Eltern und von Eltern, die sich illegal in Deutschland aufhalten. Laut Umfrage liegen für die Mehrheit der Deutschen die Gründe für Kinderarmut auf der Hand: Zu kleine Einkommen und eine Politik, die nicht richtig hinschaut. Kinderarmut, das glauben etliche, sei aber auch eine Folge der auseinanderbrechenden Familien und der prekären Lage der Alleinerziehenden. Neun von zehn fordern deshalb kostenlose Ganztagsbetreuung und mehr Fachkräfte in Schulen und Kitas, die sich besonders um die benachteiligten Kinder kümmern.
Zwei Drittel der Deutschen würden sogar mehr Steuern zu zahlen, um Kinderarmut besser zu bekämpfen: „Ein klares Signal“, so Thomas Krüger vom Kinderhilfswerk. Anders als die Politik hätten die Bürger das Problem klar vor Augen: „Sie kennen diese Kinder aus der Kita und aus der Schule. Die eigenen Kinder spielen ja jeden Tag mit ihnen.“ Das Kinderhilfswerk fordert eine tiefgreifende Reform der staatlichen Familienförderung mit dem Ziel einer bedarfsgerechten Kindergrundsicherung.
In Dortmund ist das Problem besonders groß, dort ist jedes dritte Kind im Vorschulalter und jedes vierte Kind von 6 bis unter 15 Jahren betroffen. In der Nordstadt leben mehr Kinder von Hartz IV als von eigenem Einkommen der Eltern. Die Kinderarmut bewegt sich um die 28 Prozent und betrifft aktuell 21 121 Kinder. „Armut wird vererbt. Wenn wir nicht begreifen, dass wir den Eltern helfen müssen, wird sich das Problem verschärfen“, sagt die Geschäftsführerin des Kinderschutzbundes Dortmund, Martina Furlan.