Düsseldorf.. Der geplante “Kanal-TÜV“ für sämtliche privaten Abwasserleitungen sorgt weiter für Aufsehen. So werfen mehrere NRW-Opposionspolitiker Ministerpräsidentin Kraft Wortbruch vor, denn sie habe im Wahlkampf noch großzügige Ausnahmeregelungen versprochen.

Mit den Plänen für einen flächendeckenden „Kanal-TÜV“ für alle privaten Abwasserleitungen in NRW hat die rot-grüne Landesregierung scharfe Proteste hervorgerufen.

Mehrere Oppositionspolitiker und die im Dachverband „Dichtheitsprüfung Nein Danke“ (DND) zusammengeschlossenen Bürgerinitiativen haben Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) Wortbruch vorgeworfen. Kraft habe im Wahlkampf zugesagt, dass Ein- und Zweifamilienhäuser von der Durchleuchtung der Abwasserkanäle ausgenommen blieben. Familienministerin Ute Schäfer (SPD) hatte sogar in Aussicht gestellt, dass „nur bei dringendem Verdacht einer Grundwasserverschmutzung eine Dichtigkeitsprüfung durchgeführt werden muss“.

Am Montag war dagegen bekannt geworden, dass die Umweltexperten der Landtagsfraktionen von SPD und Grünen bis zum 1. Januar 2026 ausnahmslos alle privaten Abwasserkanäle einer ersten Überprüfung unterziehen wollen. Betroffen wären alle 3,5 Millionen Hausbesitzer in NRW, die allein für die Durchleuchtung ihrer Anschlüsse per In­frarotkamera mit Kosten von mindestens 250 Euro rechnen müssten.

"Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen"

„Die Fachleute der Fraktionen haben einen Vorschlag gemacht, aber die Meinungsbildung ist noch nicht abgeschlossen“, beschwichtigte SPD-Fraktionsvize Jochen Ott am Dienstag gegenüber der WAZ. Eine für den 25. September angesetzte Fraktionsentscheidung bei SPD und Grünen wurde vertagt. Man werde einen Gesetzentwurf beschließen, der Umweltschutz, Rechtsfragen und Bürgerinteressen berücksichtige, sagte Ott. „Es macht keinen Sinn, Lösungen zu schaffen, die in einem halben Jahr von Gerichten wieder gekippt werden.“

Die von Kraft angekündigten Ausnahmen für Ein- und Zweifamilienhäuser gelten als rechtlich heikel, da der Gleichheitsgrundsatz verletzt werden könnte. Wohnungswirtschaft und Kommunalverbände haben bereits Klagen angekündigt. Mieterverbände fürchten derweil, dass ihre Mitglieder am Ende über die Betriebskosten-Umlage für die Dichtheitsprüfung großer Wohneinheiten aufkommen müssen. Die Anfang des Jahres von Umweltminister Johannes Remmel (Grünen) ins Gespräch gebrachte Überprüfung ab 200 Kubikmeter Abwasser pro Jahr wird wiederum von Sozialpolitikern abgelehnt. Die SPD könne unmöglich Familien mit vielen Kindern benachteiligen, heißt es.