Washington. Es sollte um die Besetzung des CIA-Chefpostens gehen, doch die Anhörung von John Brennan im US-Senat war vor allem ein Verhör über Amerikas Drohnenkrieg. Der Vertraute von Präsident Obama musste Kritik von Senatoren - und Demonstranten - über sich ergehen lassen.

Weil seine Augen so tief in der Stirn liegen, kann man nicht sehen, wie oft er
sie verdreht. Auch die Stimme, die viel heller, jungenhafter klingt, als man sie
aus diesem grobschrötigen, blassen Gesicht vermutet, gibt keinen Aufschluss über
den Gemütszustand von John Brennan an diesem Donnerstagnachmittag.

Der künftige
Chef des Auslands-Geheimdienstes CIA hat sich im zuständigen Ausschuss des
US-Senats Dutzender Fragen zu erwehren. Es geht um Folter. Drohnen.
Verhältnismäßigkeit der Mittel. Und um die Geheimniskrämerei der Regierung
Obama, wenn das Äußerste im Kampf gegen den internationalen Terrorismus auf dem
Spiel steht: das Töten des Feindes.

Senatoren "grillen" Brennan drei Stunden lang

Drei Stunden „grillen“ republikanische und
demokratische Senatoren den 57-Jährigem aus North Bergen im Bundesstaat New
Jersey. Brennan wird nicht einmal weich. Den Terror-Kampf und seine umstrittenen
Mittel verteidigt er als alternativlos. Begründung: „Wir sind weiter im Krieg
gegen El Kaida und deren verbündeten Kräfte, die weiter tödliche Schläge gegen
uns und unsere Bürger durchführen wollen.“

Nach mehreren Unterbrechungen mussten die protestierenden Aktivisten den Saal verlassen. Foto: rtr
Nach mehreren Unterbrechungen mussten die protestierenden Aktivisten den Saal verlassen. Foto: rtr © REUTERS | REUTERS

Folter-Methoden der CIA wie
„Waterboarding“ will er in der Zeit vor seinem Amt als wichtigster
Anti-Terror-Berater Obamas persönlich missbilligt, aber nicht aktiv gestoppt
haben. Begründung: nicht meine Zuständigkeit.

Brennan nimmt das Wort "Drohnen" nicht in den Mund

Brennans Antworten kommen schnell,
zackig, klar. So klar, dass später Politiker beider Parteien eine „seltene
Offenheit“ rühmen. Bei anderen im Saal hat der dreifache Familienvater, der
seine störrisch-irischen Wurzeln, nicht verbergen kann, einen anderen Eindruck
hinterlassen: Beton. Brennan, Architekt der umstrittenen Politik Obamas, bei der
unbemannte Flugkörper im Ausland Hunderte feindliche Kämpfer ohne Gerichtsurteil
füsilieren, nimmt das Wort „Drohnen“ nicht ein einziges Mal in den Mund.
Umständlich spricht er lieber von „bestimmten Aktivitäten in verdeckten
Operationen“.

Demonstranten, die von der demokratischen Ausschuss-Vorsitzenden
Dianne Feinstein nach fünf Störversuchen des Saales verwiesen wurden, bekommen
von den rhetorischen Eiertänzen des seit 34 Jahren verheirateten Nahost-Experten
gar nichts mit, der in Kairo studiert hat und ein sehr ordentliches Arabisch
spricht.

Wandeln auf einem schmalen Grat

Brennan wandelt während der Anhörung auf einem schmalen Grat. Die
Senatoren sind dezent stinksauer, weil sie seit Jahren selbst in Sitzungen unter
Ausschluss der Öffentlichkeit „für dumm verkauft werden“, wenn es um die
Innereien des Terrorkampfes ging. Ihnen geht darum herunter wie Öl, als Brennan
verstärkte Vertrauensbildung zusichert und ankündigt, alle Karten künftig auf
den Tisch zu legen.

Auf der anderen Seite darf und will der vor 33 Jahren zum
ersten Mal durch das Eingangsportal der CIA-Zentrale in Langley gegangene
Experte seine künftigen Untergebenen nicht brüskieren. Nur einmal wird er für
seine Verhältnisse konkret: Angesprochen auf die fundamentalen Unterschiede bei
der nachträglichen Beschreibung des Ausmaßes von angewandter Folter bei
Terrorangehörigen durch die CIA und eine Recherche-Gruppe des Senats sagt
Brennan: „Ich weiß heute nicht, was die Wahrheit ist.“ Ein Satz mit Gewicht.
Gesprochen vom neuen Chef der CIA.