Berlin.


Ob Potenzmittel, Schlankmacher oder Anabolika – der illegale Handel mit gefälschten Arzneimitteln boomt. Nach Erkenntnissen des Zolls nutzen im internationalen Vergleich ausgerechnet die deutschen Verbraucher illegale Internet-Angebote besonders intensiv und lassen jede Vorsicht missen.

Nach der gestern in Berlin vorgelegten Zollstatistik zogen Fahnder im vergangenen Jahr weit mehr illegale und gefälschte Arzneimittel aus dem Verkehr als in den Vorjahren. 2015 seien 3,9 Millionen Stück Tabletten sichergestellt worden – annähernd viermal mehr als im Jahr 2014. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble warnte: „Ich empfehle jedem, Medikamente online nur aus nachweislich seriösen Quellen zu kaufen.“ Die vermeintliche Schnäppchenjägerei könne erhebliche gesundheitliche Folgen haben. Aufgedeckt würden zunehmend größere kriminelle Strukturen und Verteilerbanden, so der CDU-Politiker.

Die Zahl der Personen, gegen die der Zoll ermittelt habe, sei gegenüber 2014 von 3100 auf 4100 gestiegen. Der überwiegende Teil der Wirkstoffe und Fertigprodukte kommt nach Angaben des Zolls aus China, vieles aber auch aus Indien und Thailand. Das Geschäft sei lukrativ. Im illegalen Medikamentenhandel lockten vierstellige Gewinnmargen. Letztlich könne hier mehr Geld gemacht werden als im Handel mit Betäubungsmitteln und Drogen. Besonders beliebt seien Lifestyle-Produkte.

Internetseiten illegaler Online-Apotheken seien professionell gestaltet, um Seriosität vorzutäuschen, so der Zoll. Die Täter verfügten über eine umfangreiche Logistik und ausgefeilte Handelssysteme. Die online bestellte Ware werde in kleineren Mengen nach Deutschland geschmuggelt. Die deutschen Verbraucher lassen demnach bei Online-Bestellungen von Arzneimitteln jede Vorsicht missen. Bei der Risikofreudigkeit von Internet-Bestellungen liege Deutschland nach einer britischen Studie „erstaunlicherweise“ auf Platz eins. 38 Prozent der Deutschen seien bereit, risikobehaftete Produkte im Internet zu bestellen.

Häufig etwas vorgegaukelt

Das Ergebnis sei umso unverständlicher, weil gerade bei Arzneimitteln verschreibungspflichtige Medikamente überwiegend von den Krankenkassen bezahlt würden. Auch bei angeblichen Medikamenten auf Pflanzenbasis werde bei gefälschten Produkten Verbrauchern häufig etwas vorgegaukelt, hieß es.