Der aktuelle Stand der Euro-Krise: Die Nachrichten sind schlecht, die Stimmung ist bestens. Es herrscht das große Schweigen in Euroland. Man darf vermuten, dass die unterdrückte Euro-Debatte nach dem Wahlabend von Berlin mit umso größerer Wucht zurückkehren wird.
Die Nachrichten sind schlecht, die Stimmung ist bestens. In etwa so könnte man den aktuellen Stand der Euro-Krise zusammenfassen. Die Politiker ignorieren neue Alarmzeichen und hüllen sich in Schweigen. Der Grund dafür liegt in Berlin: Vor der Bundestagswahl beim Euro-Schwergewicht Deutschland soll niemand am Bild Angela Merkels als erfolgreiche Krisenmanagerin kratzen.
Italien und Frankreich werden von den Rating-Agenturen herabgestuft. Portugal taumelt am finanzpolitischen Abgrund entlang. Griechenland rutscht immer tiefer in die Rezession. Die Europäische Zentralbank verkündet, dass die Zinsen auf lange Sicht im Keller bleiben werden. Jede einzelne dieser Meldungen hätte noch vor einem halben Jahr eine scharfe politische Debatte entfacht. Stattdessen herrscht nun das große Schweigen in Euroland.
Spekulationen etwa über einen Schuldenschnitt für den Pleitekandidaten Athen, der aus Krediten dann plötzlich handfeste Verluste machen würde, sind derzeit tabu. Da lobt man lieber die Griechen für ihre Reformanstrengungen; dass das Land dabei ist, sich kaputtzusparen, wird ausgeblendet.
Und Deutschlands Euro-Partner haben ebenfalls wenig Interesse an einer neuen Euro-Debatte. Sie spielen gern mit beim Euro-Mikado, bei dem sich bloß keiner falsch bewegen darf. Schließlich weiß niemand, wann man selbst ein Rettungspaket braucht – und dafür das Wohlwollen der Bundeskanzlerin benötigt. In Frankreich redet sich der glücklose Präsident Hollande die eigene Misere schön. Roms Premier Letta hat alle Hände voll zu tun, seine mühsam zusammengekittete Koalition vor dem Bruch zu bewahren. Ähnlich ist die Lage in Portugal und Griechenland. Und in Madrid droht die Regierung Rajoy im Korruptionssumpf zu versinken. Die Vereinigten Krisenstaaten von Europa.
Man darf also vermuten, dass die unterdrückte Euro-Debatte nach dem Wahlabend von Berlin mit umso größerer Wucht zurückkehren wird. Den Anfang dürfte Griechenland machen – mit dem allgemeinen Eingeständnis, dass es ohne Schuldenerlass für Athen nicht geht. Und dann wird es teuer – auch für den deutschen Steuerzahler.