München.. In der Steueraffäre um FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß wächst die Kritik aus der Politik an dem Fußball-Idol. Selbst Bundeskanzlerin Merkel hat sich enttäuscht gezeigt. Hoeneß soll in der Schweiz Schwarzgeld gehortet haben, was durch eine nun bekannt gewordene Selbstanzeige ans Licht kam.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat mit Enttäuschung auf die Steueraffäre von Bayern-Präsident Uli Hoeneß reagiert. "Viele Menschen in Deutschland sind enttäuscht von Uli Hoeneß. Die Bundeskanzlerin zählt auch zu diesen Menschen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin: "Die Enttäuschung ist bei jemandem, der für so viel Positives steht, umso größer."
Der 61-Jährige habe viele Verdienste, die auch bleiben würden, doch mit der Selbstanzeige sei "eine andere, traurige Facette hinzugekommen". Merkels Sprecher betonte zudem, das Steuerhinterziehung "ohne Zweifel" ein schweres Delikt sei.
Seehofer wusste von Ermittlungen gegen Hoeneß
Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hat über seine Pressestelle klarstellen lassen, dass er nicht über Details der Steuerermittlungen gegen Uli Hoeneß informiert war. Er habe nach Hoeneß' Selbstanzeige "aus der Staatsregierung heraus" lediglich Kenntnis darüber erlangt, dass gegen den Präsidenten des deutschen Fußball-Meisters FC Bayern ermittelt werde.
Auch interessant
Einzelheiten über den Fall hätten nicht dazugehört, teilte die bayerische Staatskanzlei am Montag mit.
Seehofer war in der Onlineausgabe der Münchner "Abendzeitung" am Samstag zitiert worden, dass er schon seit längerem Kenntnis von den Steuerermittlungen gegen Hoeneß gehabt habe. "Ich weiß, dass ein Verfahren läuft", sagte er demnach und erklärte, schon "vor einer geraumen Zeit" darüber informiert worden zu sein. "Das müssen jetzt die Justiz- und Finanzbehörden regeln", sagte Seehofer.
Podolski hält zum Bayern-Präsidenten
Nationalspieler Lukas Podolski ist dem Bayern-Präsidenten zur Seite gesprungen. "Ich finde es nicht in Ordnung, dass Viele über einen Menschen, der soviel Gutes für Andere und Traditionsvereine getan hat wie Uli Hoeneß, so früh urteilen", schrieb der frühere Profi des deutschen Fußball-Rekordmeisters am Montag auf seiner Facebook-Seite. "Wir machen alle Fehler, genauso ich wie Ihr auch!", fügte der Offensivspieler des FC Arsenal hinzu.
Hoeneß will vorerst schweigen und sich "zur Wehr setzen"
Der im Visier der Steuerfahnder stehende Bayern-Präsident Uli Hoeneß will kurzfristig nichts mehr zu seinem Fall sagen und droht Medien mit juristischen Schritten. "Gegen die Exzesse in einigen Berichterstattungen werde ich mich anwaltschaftlich zur Wehr setzen", sagte Hoeneß im "Münchner Merkur". Einer Münchner Zeitung kündigte er an: "Für die wird das richtig teuer." Er wies zudem darauf hin, dass er vorerst nichts zum schwebenden Verfahren sagen könne. "Ich werde einige Wochen ins Land ziehen lassen, ehe ich mich äußere."
Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt gegen den 61 Jahre alten Sportfunktionär und Unternehmer wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, wie der "Focus" schreibt. Das Nachrichtenmagazin, dessen Herausgeber Helmut Markwort dem Verwaltungsbeirat des FC Bayern angehört, berief sich auf Oberstaatsanwalt Ken Heidenreich und Hoeneß selbst. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) erklärte, schon seit längerem Kenntnis von dem Verfahren zu haben.
Fachleute gehen davon aus, dass die Angelegenheit erst nach Monaten geklärt werden kann. Bis dahin wird der Fall unweigerlich auch den deutschen Fußball-Rekordmeister begleiten.
Hoeneß schließt personelle Konsequenzen beim FC Bayern aus
Uli Hoeneß erklärte gegenüber der „Süddeutschen Zeitung“: „Ich darf im Moment nichts sagen, denn ich befinde mich in einem schwebenden Verfahren. Sie können sich vorstellen, dass mir vieles auf der Zunge liegt, aber ich muss erst mit den Behörden meine Hausaufgaben machen.“ Personelle Konsequenzen beim FC Bayern München schloss er aus: „An einen Rücktritt als Aufsichtsratsvorsitzender und Präsident denke ich nicht“, sagte Hoeneß der „Sport Bild Plus“. Hoeneß kündigte zudem seinen Besuch des Halbfinal-Hinspiels in der Champions League am Dienstag in der heimischen Allianz-Arena an.
Nach der Selbstanzeige von FC-Bayern-Präsident Uli Hoeneß wegen eines Schwarzgeldkontos in der Schweiz sehen sich SPD und Grüne im Kampf gegen Steuerbetrüger bestätigt. Gegen den prominenten Fußballmanager und Wurstfabrikanten ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Damit droht dem 61-Jährigen im äußersten Fall eine mehrjährige Haftstrafe.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück wertete die Selbstanzeige von Hoeneß als Bestätigung der harten Haltung seiner Partei im Steuerstreit mit der Schweiz. „Wenn es einen Grund gibt, dass die Ablehnung des Abkommens richtig war, dann haben wir ihn seit 24 Stunden in den Nachrichten“, sagte Steinbrück am Sonntag in Düsseldorf. Es sei bemerkenswert, dass vermögende Deutsche wie Hoeneß offenbar auf eine anonyme Amnestie-Regelung für ihr Schwarzgeld vertraut hätten.
Auch NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft übte scharfe Kritik an Hoeneß: „Steuerbetrug ist ein schwerwiegendes Verbrechen zum Schaden der Allgemeinheit.“
"Uli Hoeneß ist kein Vorbild mehr"
"Mich enttäuscht, dass jemand wie Uli Hoeneß, der Leistung, Disziplin und Geradlinigkeit unerbittlich wie kaum ein anderer fordert, beim Steuerzahlen Anspruch und Wirklichkeit nicht in Übereinstimmung bekommt", sagte NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans. Florian Pronold, Chef der Bayern-SPD, urteilte: "Uli Hoeneß ist kein Vorbild mehr." Sylvia Schenk, die Sportbeauftragte der Anti-Korruptions-Organisation Transparency International, sieht Hoeneß beschädigt. Seine Glaubwürdigkeit sei "extrem erschüttert", sagte sie der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".
Die Staatsanwaltschaft München ermittelt bereits seit mehreren Monaten wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung gegen Hoeneß. „Die Einleitung des Ermittlungsverfahrens erfolgte aufgrund einer Selbstanzeige im Januar 2013“, so die Staatsanwaltschaft. Bei einer Selbstanzeige kann ein Steuerbetrüger auf ein deutlich geringeres Strafmaß und niedrigere Nachzahlungen hoffen. Hoeneß hat u.a. mit seiner Wurstfabrik in Nürnberg ein Vermögen verdient. Angaben zur Höhe einer etwaigen Steuerschuld wollten weder die Münchner Staatsanwaltschaft noch der Bayern-Präsident machen. In einigen Medien war von mehreren hundert Millionen Euro die Rede, die in der Schweiz liegen sollen. Laut „Bild am Sonntag“ hat Hoeneß bereits sechs Millionen Euro als Abschlagszahlung auf seine Steuerschuld entrichtet.
Steuergewerkschaft: Es geht um mindestens zwölf Millionen
Nach der Selbstanzeige von Hoeneß geht der Chef der Deutschen Steuergewerkschaft, Thomas Eigenthaler, davon aus, dass "mindestens zwölf Millionen Euro" unversteuert geblieben sein könnten. Ob die Selbstanzeige tatsächlich zur Straffreiheit führe, hänge davon ab, ob Hoeneß "wirklich alles" auf den Tisch gelegt habe, sagte Eigenthaler der "Passauer Neuen Presse". Der Experte rechnet mit weiteren Ermittlungsansätzen für Steuerfahnder: "Ich gehe davon, dass noch andere Prominente aus dem Sportbereich Schwarzgeldkonten haben und jetzt nachdenklich werden," sagte er dem Blatt.
Selbstanzeigen eröffnen Steuerhinterzieher grundsätzlich die Möglichkeit, nachträglich Straffreiheit zu erlangen, wenn dies dem Fiskus verborgene Steuerquellen erschließt. Hoeneß sagte laut "Focus", dass er die Angelegenheit ursprünglich über das von der Bundesregierung aus Union und FDP angepeilte Deutsch-Schweizer Steuerabkommen habe regeln lassen wollen. Dieses war im Bundesrat am Widerstand der von SPD und Grünen regierten Bundesländer gescheitert.
Gegen Hoeneß wendet sich nun auch, dass er seit seinem Rückzug vom Managerposten und der Wahl zum Bayern-Präsidenten im Jahr 2009 sein Engagement auf politischem und sozialem Terrain forciert hatte. Der Metzgerssohn, der auch mit großzügigen Spenden ein Herz für die Schwachen in der Gesellschaft beweist, äußerte sich in Talkshows auch zu Steuerfragen wie der Reichensteuer. Man müsse die Reichen im Lande behalten, warnte er, "damit sie hier gemolken werden können". Er verwies auch darauf, das die Bayern-Profis "schon jetzt eine Halbzeit für das Finanzamt" spielten.
Auch wenn den FC Bayern die "Privatangelegenheit" (Trainer Jupp Heynckes) des Präsidenten zu einem sehr ungünstigen Zeitpunkt trifft, erwarten die sportlich Verantwortlichen keine Auswirkungen auf das Champions-League-Spiel gegen den FC Barcelona am Dienstag. "Das in irgendeine Verbindung mit Barcelona zu setzen, ist völliger Quatsch", sagte Sportvorstand Matthias Sammer am Sonntag im TV-Sender "Sport 1".
Als Beweis konnte er den Sieg der Münchner Profis in Hannover anführen. "Uli Hoeneß ist für uns natürlich ein wichtiger Mann, aber wir äußern uns dazu nicht - und das belastet uns überhaupt nicht", versicherte Heynckes. Dass Hoeneß in Hannover nicht im Stadion war, ist ein seltenes Ereignis beim FC Bayern. Der "Sport Bild Plus" zufolge war dieses Fehlen schon länger mit Karl-Heinz Rummenigge ausgemacht. Der Vorstandsvorsitzende sparte sich demnach ebenfalls die Reise nach Niedersachsen, um Kraft für die Duelle in der Königsklasse zu sammeln. (Mit Material von afp/dpa)