Berlin. Die geplante Gesundheitsreform soll an der beitragsfreien Mitversicherung von Kindern und Ehepartnern nichts ändern, kündigte Gesundheitsminister Rösler an. Kritik an den schwarz-gelben Plänen wies er zurück - verbunden mit einem Seitenhieb gegen die Kohl-Regierung.

Kinder und Ehepartner sollen auch nach der geplanten Gesundheitsreform beitragsfrei in den gesetzlichen Kassen mitversichert bleiben. «Daran ändert unsere Reform nichts», stellte Gesundheitsminister Philipp Rösler in einem «Zeit»-Interview vom Mittwoch klar.

Die schwarz-gelbe Koalition hatte angekündigt, den Arbeitnehmer-Beitrag zur Krankenkasse auf eine Pauschale unabhängig vom Einkommen umzustellen und den Arbeitgeberbeitrag einzufrieren. Rösler betonte, dabei sei ein «automatischer Sozialausgleich» geplant. Die Reform dürfe sich nicht dem Vorwurf aussetzen, «einen großen Teil der Pflichtmitglieder der Sozialversicherung zu Bittstellern zu machen.» Beim automatischen Sozialausgleich müsse niemand extra einen Antrag stellen.

Damit machte Rösler erstmals konkrete Angaben, wie die von ihm geplante Prämie umgesetzt werden soll. Einzelheiten soll eine Kommission ausarbeiten, die im Januar eingesetzt werden soll. Kritiker hatten die geplante Einheitszahlung als unsozial bezeichnet.

Umsetzung der Pläne wird dauern

Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Foto: ap
Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Foto: ap © AP | AP





Der 36-Jährige wies die Kritik zurück: «Eine Prämie mit Sozialausgleich hilft, die Höhe der Sozialabgaben und die Kostenentwicklung zu entkoppeln. Und sie bringt mehr Wettbewerb zwischen den Kassen.»

Da der Sozialausgleich über Steuermittel organisiert werden soll, werde es an dieser Stelle einen Ausgleich zwischen Arm und Reich geben. Rösler dämpfte Hoffnungen auf eine schnelle Einführung seiner Pläne: «Wir müssen in dieser Legislaturperiode den Einstieg finden, das Ziel erreichen wir erst später.»

Über möglichen Widerstand gegen die Gesundheitspläne aus der CSU sagte Rösler: «Horst Seehofer betont, dass er auf seinem Parteitag eine Zustimmung von 100 Prozent für den Koalitionsvertrag bekommen hat, deshalb vertraue ich auf unsere Verabredungen.»

Kritik an Kohl-Regierung

In der Pflege hätte man viel eher auf Kapitaldeckung setzen müssen, sagt Rösler. Foto: ap
In der Pflege hätte man viel eher auf Kapitaldeckung setzen müssen, sagt Rösler. Foto: ap © AP | AP





Des Weiteren verteidigte Rösler in dem «Zeit»-Interview die geplante Einführung einer verpflichtenden Zusatzversicherung für die Pflege. «Schon bei Einführung der Pflegeversicherung waren sich doch alle einig, dass man eine verpflichtende fünfte Säule braucht», sagte Rösler und fügte hinzu: «Und darauf bauen wir jetzt auf.»

Der FDP-Politiker warf der schwarz-gelben Regierung unter dem damaligen Kanzler Helmut Kohl (CDU) eine falsche Entscheidung bei der Einführung der Pflegeversicherung vor 15 Jahren vor. «Es war ein Fehler, bei der Einführung der Pflegeversicherung nicht von Anfang an auf Kapitaldeckung zu setzen, sondern nur auf ein Umlageverfahren», sagte Rösler. Die Demografie schlage bei der Pflege noch viel stärker durch als bei der Gesundheit.

Gesunde Lebensführung belohnen

Den Krankenkassen will Rösler zudem die Möglichkeit geben, eine gesunde Lebensführung der Versicherten zu belohnen. Krankenkassen müssten verschiedene Dinge ausprobieren können, sagte Rösler. Es heiße immer, Prävention sei die beste Form der Kostensenkung. Aber dieser Einsicht seien bisher nicht genug Taten gefolgt. Er hob hervor, das Gesundheitssystem müsse mehr Anreize dazu geben, «gar nicht erst krank zu werden.»

Rösler betonte in diesem Zusammenhang auch die Eigenverantwortung der Versicherten. Bei der Wahl der Krankenkasse oder eines Krankenhauses für eine planbare Operation könne man auch ohne Medizinstudium Entscheidungen fällen. «Je besser ein Mensch aufgeklärt ist, desto souveräner kann er solche Entscheidungen fällen», sagte Rösler. Das müsse das Ziel sein. (ddp/ap)