Istanbul/Kairo. Bei Zusammenstößen zwischen demonstrierenden Islamisten und Sicherheitskräften in Ägypten sind am Sonntag Dutzende Menschen getötet und Hunderte verletzt worden. Zum 40. Jahrestag des Jom-Kippur-Kriegs mit Israel hatten die verfeindeten politischen Lager am Sonntag ihre Anhänger mobilisiert.
Ein neuer Gewaltausbruch erschüttert Ägypten: Bei Zusammenstößen von Islamisten, deren Gegnern und Sicherheitskräften kamen am Sonntag mindestens 44 Menschen in dem nordafrikanischen Land ums Leben, wie die staatliche Nachrichtenagentur unter Berufung auf das Gesundheitsministerium meldete. Mehr als 240 Menschen wurden demnach verletzt.
Anhänger des abgesetzten Präsidenten Mohammed Mursi, der aus der islamistischen Muslimbruderschaft kommt, sowie Unterstützer der Armee, die Mursi im Sommer gestürzt hatte, hatten am Sonntag zu Kundgebungen aufgerufen. Anlass war der 40. Jahrestag des Jom-Kippur-Krieges mit Israel.
Tausende Armee-Unterstützer auf dem Tahrir-Platz
In Kairo wurden der Mena-Meldung zufolge allein 24 Menschen getötet, im nahen Giza 15 weitere. Auf dem zentralen Tahrir-Platz der Hauptstadt waren Tausende Unterstützer der Armee anlässlich der Feierlichkeiten zusammengekommen. Ursprünglich hatten Islamisten dort eine Großkundgebung geplant. Sicherheitskräfte stellten sich zwischen die politischen Lager.
Als Anhänger des vom Militär gestürzten islamistischen Präsidenten Mohammed Mursi versuchten, ebenfalls auf den zentralen Platz zu drängen, kam es zu Zusammenstößen. Die Polizei feuerte mit Schrot, Tränengas und Gummigeschossen, später auch Salven aus Schnellfeuerwaffen, um die Anhänger Mursis zurückzudrängen.
Ministerpräsident Hasem Beblawi ruft Ägypter zur Einheit auf
Nach Angaben des Innenministeriums wurden in Kairo 423 Menschen festgenommen. Ihnen werde Vandalismus und Schusswaffeneinsatz vorgeworfen, hieß es. Innenminister Mohammed Ibrahim hatte die Islamisten am Nachmittag vor "Gewalt und Gesetzesverstößen" gewarnt. Notfalls werde mit aller Härte gegen die Anhänger der Muslimbruderschaft vorgegangen. Bereits am Freitag hatte es in mehreren Städten gewalttätige Auseinandersetzungen mit insgesamt vier Toten gegeben.
Der ägyptische Ministerpräsident Hasem Beblawi rief die Ägypter zur Einheit auf: "Die Ägypter sollten zusammenstehen und vertrauensvoll und zuversichtlich in die Zukunft sehen", sagte er in einer Fernsehansprache.
Islamisten rufen zu neuen Protesten auf
Die Islamisten riefen unterdessen für die neue Woche zu weiteren Protesten auf. Vor allem Studenten sollten am Dienstag "gegen die andauernden Massaker" demonstrieren. Die vom Militär eingesetzte Regierung sei voll verantwortlich "für all das Blut von Ägyptern, das vergossen wird", hieß es in einer Erklärung der Allianz gegen den Umsturz.
Der aus den Reihen der Muslimbrüder stammende Mursi war am 3. Juli vom Militär entmachtet worden. Am 14. August räumten Polizei und Streitkräfte Protestlager der Muslimbrüder in Kairo mit Gewalt. Anschließend wurde nahezu die gesamte Führungsriege der Muslimbruderschaft verhaftet. Bei tagelangen Ausschreitungen wurden mehr als tausend Menschen getötet. (dpa/afp)