Brüssel/Moskau.. Die Europäische Union hat die Sanktionen gegen Russland verschärft. Sie werden das Land empfindlich treffen. In Deutschland leidet deswegen vor allem die Maschinenbau-Branche. DerWesten beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Folgen...


Die Ukraine-Krise zieht die Europäische Union die Daumenschrauben fester: Erstmals wird es Wirtschaftssanktionen gegen Russland geben.

Wie empfindlich kann die EU Russland treffen?

Die beschlossenen Sanktionen treffen das Land empfindlich. Neben einem Verbot von künftigen Rüstungslieferungen soll es ein Exportverbot für bestimmte Hochtechnologiegüter an das Militär geben, ferner Ausfuhrverbote für Spezialtechnik zur Ölförderung. Weil Russlands Wirtschaftsmodell auf Export von Energie beruht, müsste sich das Land nach Alternativen bei Lieferanten umsehen. Schmerzen könnte Moskau auch, dass der Zugang zum europäischen Kapitalmarkt erschwert werden soll. So wird russischen Banken der Handel mit Anleihen in der EU verboten, was die Kosten für die Finanzierung der angeschlagenen russischen Wirtschaft erhöht.

Hat Russland finanzielle Reserven?

Bislang schon: Das Wachstum der Vergangenheit beruhte auf sprudelnden Energieexporten – und steigenden Preisen. Dieser Trend hat sich aber nicht ungebremst fortgesetzt. Das Wachstum wird langsamer, mit entsprechenden Folgen. Devisenreserven schrumpfen, der Rubel gerät unter Druck. „Die Abhängigkeit Russlands von externen ausländischen Finanzierungen hat stark zugenommen“, so die Volkswirte der Hypovereinsbank.

Kann Russland sich frisches Kapital beschaffen?

Der russische Staat hat wachsende Probleme, Kapital aufzunehmen. Der Zinssatz für russische Staatsanleihen ist zuletzt binnen eines Monats um einen Prozentpunkt auf 9,3 Prozent gestiegen. Die Schuldenaufnahme wird immer teurer für den russischen Staat. Geplante Verkäufe von Staatsanleihen wurden deshalb mehrfach abgesagt. Offizielle Begründung: „Ungünstige Marktkonditionen“.

Aber Russland gehört doch zu den Riesen der Weltwirtschaft?

Schon. Als Mitglied der schnell wachsenden BRIC-Entwicklungsländer wird Russland in einem Atemzug mit Brasilien, Indien und China genannt. Binnen eines Jahrzehnts hat es das Land von Platz 16 auf Platz 8 der weltweit größten Volkswirtschaften geschafft. Aber die Jahre mit hohen Wachstumsraten sind vorbei. Russlands Wirtschaftsleistung legte 2013 nur um 1,3 Prozent zu. Für 2014 hat der IWF seine Prognose jüngst von 1,3 auf nur noch 0,2 Prozent gekappt. Russland droht eine Rezession.

Wie sehen die Folgen aus?

Russland hatte 2013 Waren für rund 36 Milliarden Euro in Deutschland gekauft. Das entspricht rund drei Prozent aller Exporte. Damit steht das Land nur auf Platz elf der wichtigsten Kunden.


Was heißt das für die NRW-Wirtschaft?

NRW ist das exportstärkste Bundesland. Fast Zweidrittel aller NRW-Exporte gehen in EU-Länder. Das spiegelt sich auch im Ranking der zehn wichtigsten Zielregionen wider, zu denen Russland – anders als etwa die Schweiz und Polen – nicht gehört. Nur im Maschinenbau liegt Russland mit einem Handelsvolumen von 1,5 Milliarden Euro auf Platz vier. Einzelne Firmen oder Branchen könnten also deutlich heftiger getroffen werden als die Gesamtwirtschaft.

Droht ein Konjunktureinbruch?

Sollte die schwächelnde russische Wirtschaft weiter einbrechen, hätte das zwar auch negative Konsequenzen für Deutschland, sei aber „wohl verschmerzbar“, meinen Ökonomen.