Peking. Unruhen und Selbstverbrennungen: Die Tibeter lehnen sich gegen die chinesische Fremdherrschaft auf. Bislang reagierte Peking mit harter Hand, versucht aber jetzt etwas Neues. Die Tibeter sollen den Dalai Lama religiös verehren dürfen - aber nicht als politischen Führer.
Erstmals seit 17 Jahren hat China das Verbot von Bildern des Dalai Lamas in tibetischen Gebieten versuchsweise gelockert. Das im indischen Exil lebende Oberhaupt der Tibeter soll als Religionsführer wieder verehrt werden dürfen, wenngleich nicht als politischer Anführer, hieß es in unbestätigten Berichten, die Organisationen von Tibet-Aktivisten und der US-amerikanische Sender Radio Free Asia (RFA) am Freitag zitierten. Die neue Politik sei nach offiziellen Aussagen ein "Experiment". Die Lockerung folgt auf eine Welle von rund 120 Selbstverbrennungen von Tibetern, die damit gegen Unterdrückung ihres Volkes durch China protestieren wollen.
Mönche in dem bedeutenden Kloster Ganden nahe der tibetischen Hauptstadt Lhasa seien informiert worden, dass sie Fotos des Dalai Lamas zeigen dürften, berichtete die in London ansässige Organisation Free Tibet.
Weniger Polizei in Klöstern erwünscht
Das Verbot war 1996 eingeführt worden und seither meist streng verfolgt worden. Eine Aufhebung sei auch in anderen tibetischen Gebieten schon diskutiert worden. Außerhalb der Autonomen Region Tibet, die nur einen Teil des historischen Tibets ausmacht, deutet sich ebenfalls eine mögliche Entkrampfung an.
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Im der benachbarten Provinz Qinghai seien Vorschläge diskutiert worden, "das Bildnis des Dalai Lamas zu zeigen, die Denunzierung des tibetischen Führers zu beenden und die Präsenz der Polizei in Klöstern zu verringern", berichtete die Internationale Kampagne für Tibet (ICT).
Die Berichte stießen zunächst auf Skepsis. Eine solche Politik könne leicht rückgängig gemacht werden, warnte Direktor Eleanor Byrne-Rosengren von Free Tibet. "Die Klagen des tibetischen Volkes bleiben die Besetzung ihres Landes, Verstöße gegen Menschenrechte, wirtschaftliche Marginalisierung und die Verweigerung des Rechts auf der Selbstbestimmung."
Dalai Lama darf nicht namentlich kritisiert werden
Auch der US-Sender RFA berichtete aus Qinghai und Sichuan über neue Möglichkeiten, wie Gläubige den Dalai Lama verehren könnten. Bewohner in Ganzi in Sichuan berichteten, es habe eine Ankündigung gegeben, "dass Fotos gezeigt werden dürfen und der Dalai Lama nicht namentlich kritisiert werden soll".
Es werde nicht mehr verlangt, Kritik an ihm zu üben, zitierte RFA einen Tibeter in Qinghai. Das buddhistische Institut des Klosters Kumbum in Qinghai habe mitgeteilt, Religion und Politik sollten getrennt werden. "Buddhisten dürfen an den Dalai Lama glauben und ihm Respekt erweisen", hieß es.
Bislang hatte Chinas Führung den Dalai Lama als "Separatisten" verurteilt, der das Land spalten wolle. Der Friedensnobelpreisträger wurde für die Unruhen 2008 in Tibet und die Selbstverbrennungen verantwortlich gemacht. Allerdings gibt es jetzt auch Rufe nach einer Veränderung der erfolglosen, harten Tibet-Politik. Selbst aus der Parteischule gebe es "neue, mutige Vorschläge", anders mit dem Dalai umzugehen, berichtete ICT. (dpa)