Düsseldorf. Krieg in Europa, Energiemangel, Extremwetter. Die Anforderungen an den Katastrophenschutz steigen. Die Kommunen können nicht mithalten.

Die Landkreise und die Feuerwehren in NRW warnen davor, dass viele Kommunen bisher nicht auf die neuen Anforderungen an den Katastrophenschutz vorbereitet seien. „Corona-Pandemie, Extremwetterereignisse, Krieg in Europa, Energiekrise und hybride Bedrohungen: Wir leben in einer Zeit der Mehrfachkrisen. Umso wichtiger ist es, den Katastrophenschutz für die neuen Herausforderungen weiter auszubauen“, betont Martin Sommer, parteiloser Landrat aus Steinfurt, im Auftrag des Landkreistages NRW.

Mit den "Bordmitteln" geht moderner Katastrophenschutz nicht

Gegenüber dieser Redaktion beschreibt der Landkreistag ein besorgniserregende Mangellage beim Katastrophenschutz in NRW, an der auch bundesweite „Warntage“ nichts ändern könnten. Ein Beispiel ist der Energiemangel: „Die Kreise haben sich in ihren Stabsstellen für das mögliche Krisenszenario einer Energiemangellage vorbereitet. Sie werden aber die neuen Anforderungen nicht dauerhaft mit Bordmitteln ohne finanzielle Unterstützung des Landes stemmen können.“

Schon seit Anfang der 1990-er Jahre würden in den Kommunen für Aufgaben, die jetzt wieder besonders wichtig sind, keine personellen Kapazitäten vorgehalten, kritisieren die Kreise. In der Folge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine müsse vor Ort wieder verstärkt an die nicht-militärische Unterstützung für die Bundeswehr, an die Vorhaltung und Verteilung von Jodtabletten an die Bevölkerung, an die Stärkung von Eigenversorge und Selbstschutz sowie an die Lebensmittelsicherheit gedacht werden. Zwar falle die zivile Verteidigung vor allem in die Verantwortung des Bundes. Tatsächlich aber müssten die Kommunen viele solcher Aufgaben stemmen.

Risiken auf dem Lande größer als in den Städten

Auf dem Lande sei das Risiko noch größer als in den großen Städten, denn in den Landkreisen seien die Feuerwehren sowie andere Gefahrenabwehrbereiche überwiegend von Ehrenamtlichen organisiert.

Christoph Schöneborn, Landesgeschäftsführer des Verbandes der Feuerwehren in NRW, attestiert der Landesregierung zwar gute Fortschritte beim Bevölkerungsschutz nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021. Dennoch bestehe noch großer Handlungsbedarf, und bis zu einem den Herausforderungen angemessenen Bevölkerungsschutz dürften noch viele Jahre vergehen.

Feuerwehr: Kommunen benötigen "Krisen-Übersetzungshilfe" durch das Land

Ein Problem bei der Hochwasserkatastrophe sei zum Beispiel gewesen, dass in den Kommunen niemand gewusst habe, was die vorhergesagte Regenmenge von 200 Litern auf den Quadratmeter bedeuten würde. „Das hätte für die Kommunen übersetzt werden müssen, aber diese Aufgabe hatte niemand im Land“, so Schöneborn. Eine solche „Übersetzungshilfe“ sei zwar in Vorbereitung, aber noch nicht in der Praxis angekommen.

Die Feuerwehren beschreiben in einem „Strategiepapier Katastrophenschutz“ zahlreiche Mängel, die auf Behebung warten. Es fehle vielerorts zum Beispiel moderne technische Ausrüstung sowie eine landesweit einheitliche Software, die den Schutz der Menschen in Krisensituationen erleichtern könnte.