Masar-i-Scharif. Sie fürchten die Rache der Taliban: Ehemalige Übersetzer der Bundeswehr forderten am Samstag vor dem Feldlager in Kundus, dass Deutschland sie beschützt. In Berlin wird debattiert, wie bedrohten Ortskräften geholfen werden kann. In Kundus beschäftigt die Bundeswehr nach eigenen Angaben etwa 500 lokale Mitarbeiter.

Aus Angst vor Vergeltung durch die Taliban
haben ehemalige Ortskräfte der Bundeswehr vor dem Feldlager im nordafghanischen
Kundus für Asyl in Deutschland demonstriert. Etwa 35 Afghanen versammelten sich
am Samstag vor dem Camp.

"Die Sicherheitslage verschlechtert sich hier, und die
Bundeswehr hat uns alleine gelassen", sagte der 24-jährige Übersetzer Aliullah
Nasari, der für seine Kollegen sprach. "Die Bundeswehr muss uns dabei helfen,
außer Landes zu kommen, oder uns Asyl in Deutschland gewähren."

Ein Bundeswehr-Sprecher in Kundus sagte, Nasari sei ins Feldlager
gebeten worden und man habe ihm versichert, die Ängste auch ehemaliger
Mitarbeiter würden sehr ernst genommen. "Wir sind uns unserer besonderen
Verantwortung und Fürsorgepflicht für Ortskräfte sehr bewusst." Jedem
Ex-Mitarbeiter stehe es frei, sich mit seinen Sorgen schriftlich an die
Bundeswehr zu wenden.

In Kundus beschäftigt die Bundeswehr 500
lokale Mitarbeiter

Einheimische Mitarbeiter der Bundeswehr in Afghanistan fürchten, die
Taliban könnten sie für ihre Zusammenarbeit mit den ausländischen Truppen
bestrafen. In Deutschland beschäftigen sich das Innen- und das
Verteidigungsministerium sowie das Auswärtige Amt damit, was mit bedrohten
afghanischen Mitarbeitern geschehen soll. Federführend ist das
Innenministerium.

In Kundus beschäftigt die Bundeswehr nach eigenen Angaben etwa 500
lokale Mitarbeiter, darunter neben Übersetzern etwa auch Handwerker und
Reinigungskräfte. Davon hätten sich bislang "zehn bis zwölf" an die Bundeswehr
gewandt, weil sie sich bedroht fühlten, sagte der dort verantwortliche Oberst
der Bundeswehr, York von Rechenberg. Die Einzelfälle würden anhand eines
Kriterienkataloges geprüft. Entscheidungen würden aber in Berlin gefällt.

Die Bundeswehr will ihr Feldlager in Kundus im Herbst schließen.
Bereits zuvor wird in der Nachbarprovinz Baghlan der Außenposten OP North an die
Afghanen übergeben. Aus dem Standort in Feisabad zog die Truppe bereits im
vergangenen Jahr ab. Von Anfang 2014 an wird die Bundeswehr als letztes
Feldlager das Camp Marmal im nordafghanischen Masar-i-Scharif betreiben. Der
Einsatz der Internationalen Schutztruppe Isaf läuft Ende 2014 aus. (dpa)