Düsseldorf. Untertage ist die Herkunft egal - das war die Devise im Ruhrgebiet. Der „Ruhrkonferenz-Talk“ warnt nun: Filterblasen ersetzen das Miteinander.

Die Menschen im Ruhrgebiet haben etwas zu sagen. Aber reden immer die Richtigen miteinander - und reden sie richtig miteinander? Um Gesprächskultur und Filterblasenbildung ging es im zweiten „Ruhrkonferenz-Talk“ mit Comedy-Star Atze Schröder, Journalistin Hatice Kahraman und Stephan Holthoff-Pförtner (CDU), NRW-Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten und federführend zuständig für die Ruhrkonferenz.

Das Ruhrgebiet mit seiner Bergbaugeschichte hat eine lange Tradition des Miteinander. „Der Ort der Begegnung war die Theke“, erinnert sich Holthoff-Pförtner. „Jeder aß ein Solei und eine Frikadelle und man quatschte miteinander. Völlig egal, wer das war. Man wusste oft gar nicht, wie der andere hieß, wo er herkam und was er beruflich machte.“

Minister Holthoff-Pförtner: "Die Offenheit verkommt"

Verkommt diese Tradition unter dem Einfluss Sozialer Medien und einer immer stärker individualisierten Gesellschaft? „Ich glaube, dass die momentane Entwicklung verheerend ist“, warnte Holthoff-Pförtner. „Die Offenheit verkommt. Man sucht sich nur noch diejenigen, die die gleiche Meinung haben.“ Er warb daher für eine Rückkehr zum offenen, freien Dialog: „Wenn wir von dem Zusammenhalt unter Tage lernen und das so über Tage machen, werden wir Riesen“, so der Minister.

„Es ist eine Hürde, mit jemandem ins Gespräch zu kommen, der eine andere Meinung vertritt oder einen anderen Hintergrund hat als man selbst“, bestätigte Hatice Kahraman. Die Volontärin des Recherchenetzwerks „Correctiv“ betreut gemeinsam mit Kollegen das Jugendmedienprojekt „Salon 5“. Die berühmte „Filterblase“, erklärt sie, kreiere man sich häufig selbst – online wie offline.

"Ruhrkonferenz" soll die Region mit Dutzenden Einzelprojekten nach vorne bringen

Was also tun? Die Voraussetzungen für einen offenen Dialog gebe es im Revier, da waren sich alle einig. „Für mich war das Ruhrgebiet schon immer eine der spannendsten Regionen in Deutschland. Es ist eine Metropolregion, fühlt sich aber an wie eine Stadt“, sagte Comedian Atze Schröder. Und fügte scherzhaft an: „Wenn man früher von Essen auf die Kirmes nach Mülheim ging, konnte man sich sicher sein, dass man mit einem blauen Auge zurückkam. Dieses Kirchturmdenken löst sich aber gerade auf.“

NRW hat seit 2018 die „Ruhrkonferenz“ als Daueraufgabe in einem mehrjährigen Prozess organisiert. Sämtliche Ministerien sind daran beteiligt. Die Konferenz hat Dutzende Einzelprojekte angestoßen, die die Region nach vorne bringen sollen, zum Beispiel beim Nahverkehr, in der Bildung und in der Kultur.