Düsseldorf. Die FDP bangt um in den Einzug in den Landtag. FDP-Chef Christian Lindner hat das schlechte Wahlergebnis als „desaströse Niederlage“ bezeichnet.
Die CDU ist klar stärkste Kraft in dem bevölkerungsreichsten Bundesland geworden. Die bisherige CDU/FDP-Koalition hat aber keine Mehrheit mehr. Offen ist, wer künftig regieren wird. Nach den Zahlen sind mehrere Koalitionen möglich. Lesen Sie hier die Stimmen zur NRW-Landtagswahl.
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sieht die CDU als eindeutigen Wahlsieger der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen und will die nächste Regierung führen. „Die CDU in Nordrhein-Westfalen hat diese Wahl klar gewonnen“, sagte Wüst am Sonntagabend. „Die Menschen haben uns ganz klar zur stärksten Kraft gemacht. Das ist der Auftrag, eine künftige Regierung zu bilden und zu führen.“ Wüst bedankte sich beim bisherigen Koalitionspartner FDP und bei seiner Frau. „Wir haben in den letzten Jahren unser Land gut regiert und gut voran gebracht“, sagte Wüst mit Bezug auf die FDP. Man habe „in einem freundschaftlichen und verlässlichen Verhältnis“ zusammen gearbeitet. Im direkten Anschluss sagte Wüst: „Ein ganz herzlicher Dank gilt auch meiner Frau Kate - vielen Dank für deine Stärke.“ Wüst ist seit 2019 mit seiner Frau Katharina verheiratet. Die beiden haben eine einjährige Tochter.
Wüst sprach der SPD den Regierungsauftrag ab. Auf die Frage im ZDF, ob er sich auf einen eventuellen Vorstoß der SPD eingestellt habe, sagte Wüst: „Mit Respekt und mit Anstand muss man ein solches Ergebnis annehmen - das gilt für alle Parteien.“ Damit müsse man auch anerkennen, dass die Wähler „ein klares Wort“ gesprochen hätten. Es gebe einen „klaren Regierungsauftrag“ für ihn und die CDU in NRW, so Wüst.
Lindner bezeichnet Ergebnis als "desaströse Niederlage"
FDP-Chef Christian Lindner hat das schlechte Wahlergebnis seiner Partei in Nordrhein-Westfalen als „desaströse Niederlage“ bezeichnet. „Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass auch die Freien Demokraten von diesem guten Regierungshandeln im größten Bundesland profitiert hätten. Das ist nicht der Fall“, sagte Lindner am Sonntagabend in Berlin. „Wir haben eine, man muss es so sagen, desaströse Niederlage heute Abend zu verzeichnen.“ Hochrechnungen sahen die FDP am Abend bei 5,5 Prozent. Die Liberalen regierten bisher mit der CDU in dem bevölkerungsreichsten Bundesland. In Richtung der Landes-FDP sagte Lindner: „Kopf Hoch: Freie Demokraten gewinnen zusammen, Freie Demokraten verlieren auch zusammen.“
Kutschaty räumt ein: Haben Wahlziel „stärkste Partei“ verfehlt
Spitzenkandidat Thomas Kutschaty hat eingeräumt, dass die SPD ihr Wahlziel, bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen stärkste Partei zu werden, verfehlt hat. „Wir wollten stärkste Partei werden. Das ist uns nicht gelungen“, sagte Kutschaty am Sonntagabend. Das Ergebnis sei leider nicht so hoch wie sich das die NRW-SPD vorgestellt habe. Aber das Ziel, dass die schwarz-gelbe Koalition keine Mehrheit mehr besitze, sei erreicht worden. Kutschaty gratulierte CDU und Grünen zu ihren voraussichtlichen Zugewinnen.
Die nordrhein-westfälische SPD-Generalsekretärin Nadja Lüders sieht den Regierungsauftrag zunächst bei CDU und Grünen. „Natürlich liegt der Regierungsauftrag bei CDU und den Grünen, denen ich herzlich zu dem Erfolg, insbesondere den Grünen, gratuliere. Aber wir sind bereit für Gespräche“, sagte Lüders am Sonntag dem Westdeutschen Rundfunk.
Der FDP-Spitzenkandidat Joachim Stamp hat das Ergebnis seiner Partei bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen als bittere Niederlage bezeichnet. „Es ist völlig klar, dass wir hier so nicht zur Tagesordnung übergehen können“, sagte Stamp bei der FDP-Wahlparty am Sonntagabend in Düsseldorf. „Ich hätte Ihnen und Euch gerne ein anderes Ergebnis gebracht“, sagte der amtierende Familienmister und FDP-Landeschef. Stamp betonte, dass die Partei die Fehler nicht bei anderen, sondern bei sich selbst suchen werde. „Wir bleiben beieinander und wir werden auch gemeinsam wieder stark“, sagte Stamp. Die FDP muss nach ersten Hochrechnungen im ZDF und der ARD Verluste von über 7 Prozentpunkten hinnehmen und landet bei rund 5 Prozent.
Die stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Karin Prien sieht im Ergebnis der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen einen klaren Regierungsauftrag für die CDU. „Die CDU ist klar stärkste Kraft, damit geht klar ein Regierungsauftrag für die CDU einher“, sagte sie am Sonntag im ZDF nach der Veröffentlichung der Prognosen. Prien gratulierte auch den Grünen zu ihrem Ergebnis. „Auch die sind zweifelsohne Wahlsieger des heutigen Abends.“ Die CDU werde nun Gespräche für eine Koalition suchen. Sie sei „raus aus dem Tal der Tränen“.
Unionfraktionsvize Spahn: „Das Ergebnis ist besser als erwartet“
Auch Unionsfraktionsvize Jens Spahn sieht die CDU und die Grünen als klare Sieger der Landtagswahl. Die SPD dagegen habe ein historisch schlechtes Ergebnis eingefahren, sagte Spahn am Sonntag in der ARD. „Ich denke, das wird die Ausgangslage für die Gespräche in den nächsten Tagen sein.“ Wer bei einem solchen Ergebnis Regierungsansprüche stelle, „dem ist nicht zu helfen“, sagte Spahn in Richtung der SPD. Mit Blick auf das starke Abschneiden seiner Partei sagte Spahn: „Das Ergebnis ist besser als erwartet.“ Es sei ein „tolles Ergebnis“ für den bisherigen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst und eine Anerkennung der Regierungsarbeit in den vergangenen Jahren.
Auch CDU-Chef Friedrich Merz sieht angesichts des starken Ergebnisses bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen den Kurs seiner Partei auch auf Bundesebene bestätigt. „Diese #LandtagswahlNRW war auch ein bundespolitischer Stimmungstest“, schrieb der Christdemokrat am Sonntagabend auf Twitter.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert hat nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen dafür geworben, die Chancen zur Bildung einer rot-grünen Landesregierung auszuloten. „Natürlich darf auch der Zweitplatzierte Verhandlungen über eine Regierung führen“, sagte er am Abend in der ARD. Die bisherige schwarz-gelbe Landesregierung sei klar abgewählt worden. Zu einer möglichen rot-grünen Koalition sagte Kühnert: „Es ist kein Geheimnis, dass das eine Koalition ist, die uns in der SPD auch sehr gut gefällt. Und wenn es die Möglichkeit dafür gibt, dann wird wie immer in der Demokratie entscheiden, wer eine Mehrheit im Landtag hinter sich versammeln kann und dafür sollte dann auch verhandelt werden.“
Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur: "Riesiger, riesiger Auftrag an uns"
Die Grünen-Spitzenkandidatin Mona Neubaur hat nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen von einem großen „Vertrauensvorschuss“ für ihre Partei gesprochen. „Das ist ein riesiger, riesiger Auftrag an uns, aus diesem Vertrauensvorschuss jetzt weiter hart zu arbeiten und in einer nächsten Landesregierung endlich eine Politik auf Höhe der Zeit zu machen“, sagte sie kurz nach Veröffentlichung der ersten Wahl-Prognosen, aus denen sich ein Rekordergebnis für die Grünen in NRW abzeichnete. „Für diesen Vertrauensvorschuss haben wir viel, haben wir hart gearbeitet“, sagte Neubaur. Man habe gemerkt, dass die Leistung der Grünen-Vertreter in der Bundesregierung auch den Grünen in NRW zugetraut werde, sagte sie.
Für mögliche Sondierungsgespräche hat sie den Klimaschutz als wichtiges Thema ausgewiesen. „Wir haben einen eigenständigen und selbstbewussten Wahlkampf geführt und offensichtlich sind wir dafür jetzt belohnt worden“, sagte sie am Sonntagabend in der ARD. Auf die Frage, welches Projekt bei Sondierungsgesprächen für die Grünen unverhandelbar sei, nannte sie die „Menschheitsaufgabe Klimaschutz“, bei der aber der soziale Zusammenhalt gewahrt werden müsse. „Es wird eine starke grüne Handschrift geben“, sagte Neubaur.
Die Grünen steuerten bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen auf ein Rekordergebnis zu. Die Partei dürfte bei einer Regierungsbildung zu einem entscheidenden Faktor werden. Eine Tendenz, welche Koalition sie bevorzugt, ließ Neubaur zunächst nicht erkennen.
FDP-Politiker Lambsdorff sieht Wahl als schwere Niederlage
Der FDP-Politiker Alexander Graf Lambsdorff sieht die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen als schwere Niederlage für seine Partei. Es habe wie in Schleswig-Holstein einen stark personalisierten Wahlkampf zwischen den Spitzenkandidaten gegeben, sagte der Fraktionsvize der Partei im Bundestag am Sonntag im ZDF. Für Bewertungen zu möglichen Regierungskoalitionen sei es noch zu früh. Lambsdorff: „Wir werden mit den anderen Parteien natürlich irgendwann auch reden. Aber natürlich ist das erst mal eine Niederlage und für viele von unseren Abgeordnetenkollegen das Ende ihrer parlamentarischen Laufbahn.“
FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann sieht das ähnlich, spricht von einem miserablen Ergebnis ihrer Partei bei der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen. „Wir müssen analysieren, wo sind unsere Wählerinnen und Wähler, die uns vor vier Jahren gewählt haben“, sagte die Politikerin bei der Wahlparty in Düsseldorf am Sonntag. „Ich gehe aber davon aus, dass wir reinkommen. Das ist nicht die Frage.“ Nach ersten Hochrechnungen von ARD und ZDF landet die FDP bei knapp über 5 Prozent.
Linken-Chefin: Sehr enttäuschendes Ergebnis in NRW
Die Parteivorsitzende der Linken, Janine Wissler, hat sich nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen sehr enttäuscht gezeigt. „Die Partei ist momentan in einer schwierigen Situation“, sagte sie am Sonntag im ZDF nach der Veröffentlichung der ersten Hochrechnung. Demnach verpasst die Linke in NRW klar den Einzug in den Landtag.
Auf dem anstehenden Bundesparteitag müssten die Weichen neu gestellt werden, sagte Wissler. Ende Juni will sich die Spitze der Linkspartei komplett neu aufstellen. Wissler gab als Ziel aus, Vertrauen zurückzugewinnen und „wieder mehr mit klaren Botschaften als mit Streitereien in der Presse (zu) sein“. Sie sei überzeugt, dass eine linke Stimme in der deutschen Politik gebraucht werde.
Verdi-Landesleiterin nach ersten Hochrechnungen zurückhaltend
Gabriele Schmidt, Landesleiterin von Verdi in NRW, äußerte sich nach den ersten Hochrechnungen zurückhaltend. Sie habe erhebliche Zweifel, dass eine CDU-geführte Landesregierung die Altschuldenproblematik für die Kommunen angehen werde. Auch die vom CDU-geführten Gesundheitsministerium angestoßene Krankenhausreform werde aller Wahrscheinlichkeit umgesetzt, wenn die CDU die nächste Landesregierung anführt. „Die möglichen Krankenhausschließungen, die damit zu erwarten sind, treiben uns um“, so Schmidt. Auf die Frage, was die nächste Landesregierung als erstes anpacken müsse, verwies Schmidt nachdrücklich auf die Altschulden, deren Druck auf die Städte wachse.
(dpa)