Berlin. Die Kreditaffäre wird zur Belastung für Bundespräsident Christian Wulff. Als einst ein anderer Bundespräsident vor ihm ebenfalls wegen einer Vertuschung in Bedrängnis geriet, wusste Wulff genau, was zu tun ist.

Bundespräsident Christian Wulff
gerät in der Kredit-Affäre
unter Druck. Es geht dabei nicht darum, ob Wulff
gelogen hat. Sondern es stellt sich die Frage nach der moralischen Integrität
des ersten Mannes im Staate. Wie glaubhaft kann ein Bundespräsident sein, der
einerseits moralische Tugenden einfordert, andererseits selbst zu vertuschen
sucht?

Die Antwort darauf hat Wulff
bereits selbst gegeben. Damals im Jahr 2000, als Johannes Rau Bundespräsident
war und Wulff als junger Wilder in der CDU noch am Anfang seiner
Politikerkarriere stand.

Damals holte Rau die Düsseldorfer
Flugaffäre ein. Landespolitiker in NRW sollen in der Zeit von Raus Regierung
auf Kosten der WestLB Privat- und Dienstflüge unternommen haben. Auch Rau selbst
kam in die Schusslinie. Er bestritt zunächst jede Verfehlung, musste dann
jedoch eingestehen, bei den Flügen doch dienstliche Termine „mit Terminen parteipolitischen
Charakters“ verknüpft zu haben. Auch damals
ging es um die Frage, ob Rau die Unwahrheit gesagt hatte oder eben nur die halbe
Wahrheit.

"Ich leide physisch darunter"

Für den damaligen CDU-Vize Wulff
stand jedoch fest: Die SPD müsse Rau zurückziehen. In einem
Zeitungsinterview sagte Wulff wörtlich: „Es ist tragisch, dass Deutschland in
dieser schwierigen Zeit keinen unbefangenen Bundespräsidenten hat, der seine
Stimme mit Autorität erheben kann. Es handelt sich in NRW offensichtlich um
eine Verfilzung mit schwarzen Reisekassen jenseits der parlamentarischen
Kontrolle. Dies stellt eine Belastung des Amtes und für Johannes Rau dar.“ Dem
"Focus" sagte Wulff Anfang 2000: „Ich leide physisch darunter, dass wir keinen unbefangenen
Bundespräsidenten haben.“

Und wie belastet ist nun die
Autorität des Bundespräsidenten Wulff? In Zeiten der Euro-Krise erlebt das Land
einen Präsidenten, der nicht müde wird, den Bankern ihre Verantwortung vor
Augen zu halten. Seine scharfen Worte auf dem Bankentag im März 2011 sind noch
in wacher Erinnerung. Vor versammelter Manager-Riege sagte er: „Wer zur Elite
eines Landes gehören will, muss auch Vorbildfunktion und Verantwortung übernehmen
– ohne Wenn und Aber“. Ähnlich mahnende Worte fand er in seiner Rede vor
Wirtschaftsnobelpreisträgern: „Das Versagen von Eliten bedroht
langfristig den Zusammenhalt in der Gemeinschaft, in der Gesellschaft.“

Wulff
gibt sich seit seinem Amtsantritt als glaubwürdiger und vertrauensvoller
Staatsmann. Er selbst hängt in seinen Reden die Maßstäbe für Moral und
Verantwortung hoch. Wie ernst ihm seine eigenen Worte sind, muss Wulff in der
Aufklärung der Kreditaffäre nun beweisen. Die einzige Macht des
Bundespräsidenten sind seine Worte. Doch diese Macht hat nun einen Kratzer.