Köln.. In NRW sind zuletzt große Fälle von Kindesmissbrauch aufgedeckt worden. Die Verantwortlichen glauben an die Wirkung ihrer Maßnahmen.
Nach den großangelegten Schlägen gegen Kinderpornografie und Missbrauch in Nordrhein-Westfalen nehmen Spezial-Ermittler erste Bewegungen in der Szene wahr. „Es ist noch zu früh, um es abschließend zu beurteilen. Wir nehmen aber die Tendenz wahr, dass die Leute ihr Tun mehr reflektieren“, sagte der Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime NRW (ZAC), Markus Hartmann, der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Strafbarkeit und Strafverfolgung würden mehr wahrgenommen. „Das kann ich allerdings noch nicht statistisch untermauern, sondern nur an Beobachtungen und Eindrücken festmachen“, sagte Hartmann. „Wir nehmen aber auch wahr, dass sich mehr Personen ermutigt fühlen, sich zu melden und Hinweise zu geben.“
NRW ist in den vergangenen Jahren von mehreren großen Missbrauchsfällen erschüttert worden - die Orte Lügde, Bergisch Gladbach und Münster stehen beispielhaft. Ermittler stießen zudem auf weit verzweigte Geflechte von Männern, die im Netz Bilder und Videos von schwerem sexuellen Kindesmissbrauch austauschen. Mehrmals rückten 2020 Polizisten im ganzen Land zu zeitgleichen Durchsuchungen gegen eine Vielzahl von Beschuldigten aus, bei denen sie Datenträger sicherstellten. Einige zeigten sich zügig geständig.
Die ZAC nimmt bei der Thematik eine zentrale Rolle ein. Die Cyber-Ermittler versuchen unter anderem, den Pseudonymen, hinter denen sich die Täter im Netz verstecken, echte Namen zuzuordnen.
Fall Bergisch Gladbach: 30.000 Tatverdächtige vermutet
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Allein im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Komplex Bergisch Gladbach steht dabei die Zahl von 30.000 unbekannten Tatverdächtigen im Raum. Die ZAC hält sie immer noch für realistisch. „Die Bäume haben schon viele Äste in diesem Geflecht“, sagte Hartmann. Auch wenn es „Zentralisierungen“ gebe - etwa bei Leuten, die die technische Infrastruktur betrieben. „Aus Sicht der Strafverfolgung sind diese natürlich interessant, weil man hier ganze Strukturen zerschlagen kann“, sagte der Oberstaatsanwalt.
Die zeitgleichen Razzien hätten zwei Aspekte. Der eine sei „kriminalfachlich“: Vorwarnungen sollen unmöglich gemacht werden. „Es hat aus unserer Sicht aber auch einen ganz starken generalpräventiven Effekt. Weil wir denen, die wir noch erreichen können, mit diesen Aktionstagen vor Augen führen, das nicht alles so ist, wie sie denken“, sagte er.
Kinderpornografie-Task Force verfolgt bis dato 700 Beschuldigte
Zum 1. Juli 2020 wurde bei der ZAC auch eine sogenannte Task Force zur Bekämpfung des „netzkonnexen Kindesmissbrauchs“ aufgestellt. Nach eigenen Angaben wurden unter ihrer Ägide bislang mehr als 600 Verfahren gegen etwa 700 Beschuldigte eingeleitet. „Das sind alles Beschuldigte, die wir gemeinsam mit den spezialisierten Polizeidienststellen ermitteln und identifizieren konnten“, erklärte Hartmann. Es handele sich unter anderem um Verfahren aus den Komplexen Bergisch Gladbach und Münster, aber auch um Verfahren „aus weiteren Erkenntnisquellen“. Mehrere Durchsuchungen hatten als Hintergrund Hinweise ausländischer Behörden und Organisationen.
Auf die Frage, ob es auch 2021 entsprechende Aktionen geben werde, sagte der Oberstaatsanwalt: „Ich habe keine Erwartung, dass die Zahl der Meldungen und der Spuren, die uns erreichen, weniger werden. Auch nicht im nächsten Jahr.“ Daher werden man „sicherlich auch wieder zu dem Mittel der zeitgleichen Durchsuchungen bei Beschuldigten greifen“.