Düsseldorf. Die Umweltministerin auf Mallorca, der Innenminister spät im Film, die Staatskanzlei im Kanzler-Wahlkampf: Ein Rundumschlag der Grünen.
Im Streit um schwere Versäumnisse der Landesregierung beim Flut-Krisenmanagement im vergangenen Sommer haben die NRW-Grünen jetzt überraschend deutlich gleich mehrere CDU-Kabinettsmitglieder angezählt.
Das Umweltministerium habe sich in der größten Naturkatastrophe der Landesgeschichte mit 49 Todesopfern als „Totalausfall“ erwiesen, sagte am Montag der Grünen-Abgeordnete Johannes Remmel, der selbst einmal Umweltminister war. Die Sorglosigkeit im Umgang mit frühen Hochwasser-Warnungen, die Sprachlosigkeit des Apparats während der akuten Krisenbewältigung und die jüngsten „Manöver“ zur Verschleierung eines ausgedehnten Mallorca-Urlaubs von Ministerin Ursula Heinen-Esser im zeitlichen Umfeld der Flut ließen nur einen Schluss zu: Die 56-jährige CDU-Politikerin aus Köln dürfe nach der Landtagswahl am 15. Mai keine Regierungsverantwortung mehr tragen.
Harte Forderung wird später wieder eingefangen
Die SPD-Opposition fordert sogar den sofortigen Rücktritt Heinen-Essers. Die Ministerin habe den Untersuchungsausschuss getäuscht und sich in Widersprüche verstrickt, kritisierte SPD-Obmann Stefan Kämmerling und forderte ein Machtwort von Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU).
Die Grünen nehmen derweil auch Innenminister Herbert Reul und Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminiski (beide CDU) ins Visier. Reul sei erst „im Film“ gewesen, als am 14. Juli 2021 bereits Hagen als erste NRW-Großstadt unter Wasser stand. Liminski habe zwar die dramatischen Hochwasser-Warnungen früh wahrgenommen, sich dann aber vorranging darum gekümmert, für den damaligen Ministerpräsidenten und Kanzlerkandidaten Armin Laschet „gute Bilder zu produzieren“, so Remmel. Eine vor etlichen Journalisten zunächst geäußerte Forderung Remmels, auch Reul und Liminski dürften in einem nächsten Kabinett nicht mehr vertreten sein, widerrief die Pressestelle der Grünen-Landtagsfraktion später. Bislang hat nur die Grünen-Nachwuchsorganisation eine rechnerisch mögliche schwarz-grüne Koalition ausgeschlossen, nicht aber die Parteispitze. Reul ist der populärste CDU-Minister, Liminski als enger Laschet-Vertrauter lange Dreh- und Angelpunkt der schwarz-gelben Koalition seit 2017.
Sondervotum der Opposition im U-Ausschuss
SPD und Grüne haben ihre Kritik in einem umfassenden „Sondervotum“ zur bisherigen Arbeit des Untersuchungsausschusses festgehalten. Der von der schwarz-gelben Ausschussmehrheit durchgesetzte „Zwischenbericht“ zur bisherigen Aufklärungsarbeit sei bloß eine „lose Blattsammlung“ und „Aneinanderreihung von Wortprotokollen“, so Kämmerling und Remmel.