Berlin. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) tritt zum Jahresende zurück. Die Dauerkrise um den Hauptstadtflughafen und die Affären rund um seine Regierung hatten zuletzt stark an seiner Popularität gekratzt. Und als amtsmüde galt er bereits seit Längerem.
Klaus Wowereit (SPD) tritt zurück: Berlins Regierender Bürgermeister bestätigte am Dienstagmittag, worüber Senatskreise kurz zuvor berichtet hatten: Er werde sein Amt zum 11. Dezember niederlegen, kündigte Wowereit an. Bei der Nachfolgefrage sei zeitlich auch ein Mitgliederentscheid in der SPD möglich, sagte er in einer Pressekonferenz. Er sei bereit, den Zeitpunkt des Amtswechsels darauf auszurichten.
"Ich gehe freiwillig", betonte Wowereit. Im Rückblick hob er die Bedeutung des Mauerfalls und der Wiedervereinigung der Stadt hervor. Den Tourismus nannte er eine "Riesenchance" für die Stadt.
Pannenserie beim BER als "herbe Niederlage"
Wowereit wurde im Juni 2001 erstmals zum Regierenden Bürgermeister der Hauptstadt gewählt. Zuletzt galt er als stark angeschlagen, und seine Beliebtheit in der Bevölkerung sank rapide. Besonders das Desaster um den Bau des neuen Flughafens Berlin-Brandenburg kratzte am Ansehen des Regierungschefs. Wowereit hatte das Projekt zum wichtigsten seiner Amtszeit erklärt.
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Die Pannenserie sei "eine herbe Niederlage gewesen und das ist sie bis heute." Er wünsche dem Projekt eine baldige Fertigstellung und faire Betrachtung in der Öffentlichkeit. Mit dem Regierungsamt gebe er auch den Aufsichtsratsvorsitz am Hauptstadtflughafen abgeben.
Zuletzt hatte er bereits sein Amt als stellvertrender SPD-Bundesvorsitzender aus Ärger über die große Koalition und nach Konflikten mit SPD-Chef Gabriel niedergelegt. Wowereit sagte, er werde aus der aktiven Politik aussteigen. Er hoffe, das Amt in gute Hände zu legen. Denn Regierender Bürgermeister von Berlin zu sein, sei eine der größten Herausforderungen in der deutschen Politik.
Wowereit war schon länger nicht mehr der lässige Landesvater
Wowereit selbst war schon lange nicht mehr der lässige Landesvater, dem die Berliner vieles verzeihen, weil er sich und seine Stadt eine Zeit lang so erfolgreich verkauft hat. „Berlin hat eine Ausstrahlung, eine Wildheit und auch eine Schönheit, wie wir sie in dieser Kombination nicht noch einmal auf dieser Welt finden.“
Klaus Wowereit hat diesen Satz im November 2010 gesagt. Ein knappes Jahr später standen in Berlin Wahlen an, Wowereit wollte eine dritte Amtszeit. Doch viele trauten ihm das zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr zu. Von Amtsmüdigkeit war die Rede. Und dass er Ambitionen habe auf eine Rolle in der Bundespolitik. Wenige Monate später kommt Wowereit sogar kurz als Kanzlerkandidat ins Gespräch.
Wowereit ist ein kühler Stratege, wenn es um seine Macht geht
Nachdem die Berliner Genossen ihn mangels Alternative zum Spitzenkandidaten gekürt haben, schlägt er sich auf die Brust: „Ich glaube, die SPD hat viele andere Leute, aber nicht so einen guten wie mich.“ Doch Wowereit kann mehr als Show.
Der Mann mit den weichen Gesichtszügen ist ein kühler Stratege, wenn es um seinen Machterhalt geht. Vor allem die eigenen Genossen bekamen diesen autoritären Zug immer wieder zu spüren. Aber was ändert das? Ohne Wowereit ist die Berliner SPD de facto kopf- und gesichtslos.
Berlin hat sich stark verändert - Wowereit nicht
Klaus Wowereit regiert seit 2001 in Berlin. So lange her ist auch sein viel zitiertes Coming-Out („Ich bin schwul, und das ist auch gut so.“). Zwei Jahre später prägte er in einem Interview das später gebetsmühlenartig wiederholte Berlin-Etikett „Arm, aber sexy“.
Die Stadt hat sich seitdem stark verändert – Wowereit dagegen wenig. Gut, er geht nicht mehr so oft auf Partys wie am Anfang. Doch an seiner politischen Strategie musste er wenig ändern: Ärger hatten scheinbar immer nur die anderen. Sein Parteikollege, der Neuköllner Multikulti-Kritiker Heinz Buschkowsky, sein unorthodoxer und dann geschasster Finanzsenator Thilo Sarrazin – oder eben seine Koalitionspartner. Erst die Grünen, dann die Linken, dann die CDU. An Wowereit selbst blieb kaum etwas hängen. Nach dem Abschied von Kurt Beck ist er der dienstälteste Ministerpräsident.
Dickes Fell gehört dazu
Lange schien es auch, als wolle Wowereit die Flughafenkrise und andere Affären - zuletzt die um seinen Kulturstaatssekretär Andre Schmitz - schlicht aussitzen. Die mehrfache Verschiebung des Eröffnungstermins, die zusätzlichen Kosten in Milliardenhöhe, die Korruptionsvorwürfe, die darüber empörten Unternehmen brachten jedoch immensen Druck in den Kessel.
Klaus Wowereit will zurücktreten
Doch auch das kennt Wowereit. Er ist kein Bürgersohn aus Dahlem. Wowereit kommt aus einfachen Verhältnissen. In seiner Autobiographie schreibt er, der ständige Kampf daheim habe ihn „gestählt“. Nun hat ihn der Kampf offenbar zermürbt. (dpa)