Essen. Corona bleibt für die Menschen in NRW das wichtigste Problem. Doch mehr Personen als im Dezember lehnen eine Impfpflicht oder einen Lockdown ab.
Was denken die Menschen in NRW über die Pandemie, die Corona-Maßnahmen, die Impfpflicht und die Spaltung der Gesellschaft? Drei Monate vor der Landtagswahl hat dieses Stimmungsbild politische Relevanz. Das Meinungsinstitut Forsa befragte dazu im Januar und Februar in einer Repräsentativerhebung insgesamt 2006 Menschen ab 18 Jahren in NRW. Das sind die wichtigsten Ergebnisse:
Corona bleibt das wichtigste Problem für die Menschen in NRW
Die Corona-Pandemie bleibt für die Menschen in NRW das mit Abstand wichtigste Problem, jedoch scheint das Virus trotz der zuletzt explodierenden Infektionszahlen für viele an Schrecken verloren zu haben. 56 Prozent aller Befragten setzten die Pandemie ganz oben auf die Liste der größten Probleme, beim ersten NRW-Check im Dezember nannten noch 64 Prozent die Pandemie als das wichtigste Thema im Land.
Zwischen den verschiedenen Altersgruppen zeigen sich indes leichte Unterschiede. So sehen jüngere Menschen die Pandemie offenbar mit etwas größerer Sorge: Immerhin 66 Prozent der 18- bis 29-Jährigen bezeichneten die Pandemie als das größte Problem des Landes, bei den 45- bis 59-Jährigen waren es lediglich 49 Prozent. Zwischen den Anhängerinnen und Anhängern der einzelnen Parteien zeigte die Erhebung in dieser Frage keine gravierenden Unterschiede. Auffällig: Nur 44 Prozent der AfD-Anhänger sehen in der Pandemie das größte Problem in NRW.
NRW verlässt das „Team Vorsicht“
Während das Thema Corona gegenüber Dezember etwas an Bedeutung verloren hat, ergeben sich mit Blick auf die Bewertung der Pandemie-Maßnahmen deutliche Verschiebungen. Gingen im Dezember noch 63 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in NRW die getroffenen Maßnahmen nicht weit genug, sagten dies im Februar nur noch 30 Prozent. Dagegen halten nun deutlich mehr Menschen als im Dezember (18 %) die Maßnahmen derzeit für angemessen (39 %).
Ebenfalls deutlich gestiegen ist der Anteil der Befragten, denen die Corona-Regelungen zu weit gehen – von 15 auf 25 Prozent. Hier zeigen sich deutliche regionale Unterschiede: So denken etwa im Bergischen Land (40 %) oder im Sauer- und Siegerland (31 %) überdurchschnittlich viele Menschen, dass die Corona-Maßnahmen zu weit gehen. Auch dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass viele Bürgerinnen und Bürger die Pandemie inzwischen weniger bedrohlich finden.
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Allgemeine Impfpflicht findet weniger Befürworter
Eine deutliche Mehrheit unterstützt weiterhin eine allgemeine Impfpflicht, doch ist die Zustimmung gegenüber dem ersten NRW-Check im Dezember landesweit von 73 Prozent auf aktuell 63 Prozent gesunken. Dies entspricht etwa dem Bundestrend. 31 Prozent der Befragten in NRW sprechen sich gegen eine allgemeine Impfpflicht aus, im Dezember waren es 24 Prozent.
Auch hier zeigen sich wieder Unterschiede je nach Region. So lehnen im Bergischen Land (41 %) und an der Rheinschiene (34 %) überdurchschnittlich viele Menschen eine Impfpflicht ab. Im Ruhrgebiet sind 62 Prozent für die Impfpflicht, 32 Prozent sind dagegen.
Quote der Lockdown-Gegner wächst
Die Zustimmungswerte für einen Lockdown gehen deutlich zurück. Zwar hält eine knappe Mehrheit (51 %) der Bürgerinnen und Bürger in NRW weiterhin einen Lockdown für richtig, wenn die Infektionszahlen weiter steigen sollten. Im Dezember sprachen sich aber noch 63 Prozent dafür aus. Gemeint sind mit der Maßnahme Schließungen von Geschäften, Clubs und Freizeiteinrichtungen, ein Verbot von Großveranstaltungen sowie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen für alle Bürger.
Die Quote der Gegner eines Lockdowns ist im Vergleich zum Dezember von 32 auf 43 Prozent gestiegen. Am größten sind die Vorbehalte gegen einen generellen Lockdown bei Selbstständigen (56 %), bei FDP-Anhängern (59 %) sowie bei Anhängern der AfD (83 %).
Menschen in NRW wegen der Omikron-Variante nicht stark besorgt
Die hoch ansteckende Omikron-Variante des Corona-Virus scheint die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr übermäßig zu schrecken. 41 Prozent der Befragten gaben an, wegen Omikron weniger besorgt oder beunruhigt zu sein im Vergleich zu früheren Corona-Varianten. 42 Prozent sagten, sie seien genauso besorgt wie zuvor. Nur 14 Prozent sind wegen Omikron mehr beunruhigt.
Dass jedes der 16 Bundesländer eigene Regelungen zur Bekämpfung der Pandemie treffen soll, befürworten lediglich 29 Prozent der Befragten. Eine Mehrheit von zwei Dritteln (66 %) ist hingegen der Ansicht, dass Corona-Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung einheitlich bundesweit gelten sollten. Dafür spricht sich in allen Regionen, Bevölkerungs- und Wählergruppen eine deutliche Mehrheit aus. Lediglich die AfD-Anhänger sind in dieser Frage gespalten.
Sorgen um den gesellschaftlichen Zusammenhalt
Querdenker, Verschwörungsgläubige, Corona-Leugner, Impfgegner - die Corona-Pandemie hat Konflikte erzeugt und Gräben aufgerissen. 51 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass der Zusammenhalt der Menschen in den vergangenen zwei Jahren der Pandemie schwächer geworden sei. Nur zehn Prozent haben den Eindruck, dass die Menschen in der Pandemie zusammengerückt sind. 33 Prozent sagen, die Situation habe sich nicht wesentlich verändert.
Dass der gesellschaftliche Zusammenhalt gelitten hat, meinen am häufigsten die 30- bis 44-Jährigen (60 %), Arbeiter (66 %) und Selbstständige (61 %) sowie vor allem die Anhänger der AfD (84 %).
Viele Menschen sehen gesellschaftliches Miteinander beschädigt
Dass sich die Gesellschaft in der Debatte um den richtigen Umgang mit der Pandemie in zwei etwa gleich große Lager gespalten hat, meint nur etwa ein Viertel der Bürgerinnen und Bürger in NRW. Die große Mehrheit der Bevölkerung (71 %) ist hingegen der Meinung, dass es sich bei den Gegnerinnen und Gegnern der Impfungen und der Corona-Maßnahmen um eine kleine Minderheit handelt.
Dass sich Befürworter und Gegner von Impfungen und Corona-Maßnahmen nach der Pandemie wieder versöhnen werden, glauben hingegen nur 34 Prozent der Menschen in NRW. 55 Prozent meinen hingegen, das gesellschaftliche Miteinander werde langfristig beschädigt sein. Im Ruhrgebiet äußerten diese Befürchtung sogar 61 Prozent. Auch im Sauer- und Siegerland (62 %) sehen die Menschen die Zukunft des Zusammenlebens eher skeptisch.
Nur wenig Verständnis für Impfgegner
Viele Menschen (43 %) äußerten die Ansicht, dass sich die Politik zu viel mit den Meinungen der Gegner von Corona-Maßnahmen und Impfungen beschäftigt. Das spricht womöglich für den Wunsch nach mehr Gelassenheit im Umgang mit den Kritikerinnen und Kritikern. 23 Prozent der Befragten sagten hingegen, die Politik beschäftige sich zu wenig mit den Gegnern der Regelungen.
Bei der Frage nach der Notwendigkeit von Impfungen zeigt sich im NRW-Check ein recht einheitliches Bild: 74 Prozent der Befragten haben kein Verständnis dafür, dass sich viele Menschen in Deutschland nicht gegen das Corona-Virus impfen lassen. Fast ein Viertel (23 %) der Bürgerinnen und Bürger in NRW haben hingegen Verständnis für die Impfgegner. Im Bergischen Land ist das Verständnis für Impfgegner mit 43 Prozent landesweit am größten.