Düsseldorf. Nach jahrelanger Debatte haben sich CDU und FDP auf einen Weg verständigt, wie Jugendliche ohne Abitur wieder zur Polizei gehen können.
Erstmals seit Jahrzehnten sollen Realschüler in Nordrhein-Westfalen wieder Polizisten werden können. Nach den Sommerferien startet die Landesregierung das Pilotprojekt „Fachoberschule Polizei“. Dabei können zunächst an landesweit elf Berufskollegs Jugendliche mit mittlerem Schulabschluss die Fachhochschulreife erlangen und ein Praxis-Jahr bei der Polizei absolvieren. Das soll einen neuen Weg in den Beruf ebnen.
Neues Modell ist ein Kompromiss aus CDU- und FDP-Interessen
Das Modell ist ein Kompromiss, den CDU und FDP in mehrjährigen Diskussionen erarbeitet haben. Die Liberalen hatten 2017 im Koalitionsvertrag durchgesetzt, dass in NRW auch Realschülern wieder der Weg zur Polizei geöffnet werden solle. Mit Einführung der zweigeteilten Laufbahn war dies in den vergangenen Jahrzehnten nur noch Abiturienten und Quereinsteigern mit abgeschlossener Berufsausbildung möglich. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) reagierte auf die FDP-Forderung nach Realschülern für den Polizeidienst anfangs zurückhaltend, da das Berufsbild des Polizisten immer komplexer werde und sich vom „Schutzmann an der Ecke“ deutlich wegentwickelt habe. Der Minister wusste dabei die Polizei-Gewerkschaften an seiner Seite, die eine schleichende Rückentwicklung der verhältnismäßig gut besoldeten Laufbahnen fürchtete. Gleichwohl haben viele der heutigen Spitzenkräfte der NRW-Polizei von Staatssekretär Jürgen Mathies abwärts selbst einmal mit mittlerem Schulabschluss angefangen. Damals war das der gängige Einstieg.
Neben dem Fach-Abi gibt es Polizei-Kenntnisse
Nun also die Öffnung. „Dieser neue Bildungsgang ergänzt die bewährten Pfade in den Polizeivollzugsdienst“, lobte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) am Donnerstag das neue Modell. Auch Reul erkannte an: „Nicht nur Gymnasiasten können gute Polizisten sein. Auch in Menschen mit mittleren Bildungsabschluss schlummert Polizei-Potential.“
Die elf Berufskollegs, an denen der neue Bildungsgang angeboten wird, sind über NRW verteilt worden: das Konrad-Klepping-Berufskolleg in Dortmund, das Klaus-Steilmann-Berufskolleg in Bochum, das Rudolf-Rempel-Berufskolleg in Bielefeld, das Max-Weber-Berufskolleg in Düsseldorf, das Kaufmännische Berufskolleg Walther Rathenau in Duisburg, das Berufskolleg an der Lindenstraße in Köln, das Ludwig-Erhard-Berufskolleg in Bonn, das Berufskolleg Kaufmännische Schulen des Kreises Düren, das Hansa-Berufskolleg in Münster, das Kuniberg Berufskolleg in Recklinghausen und das Berufskolleg Königstraße in Gelsenkirchen.
Rund 300 Plätze sollen zum Schuljahr 2022/23 aufgebaut werden. Die Idee: Frühzeitig sollen Schüler neben dem Unterricht polizeispezifische Kenntnisse erwerben. Besonders attraktiv dürfte eine Einstellungszusage für den Polizeidienst sein, sofern die Jugendlichen den Abschluss schaffen, die beamtenrechtlichen Voraussetzungen erfüllen und die normale Polizei-Bachelorausbildung anschließen.